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Rumänische Nationalparks vorsätzlich von Managern der staatlichen Forstverwaltung zerstört

Investigatives Videomaterial enthüllt skandalöse Abholzungen im rumänischen Cheile Nerei-Beusnita Nationalpark.

Ein neues  Video, das nun von den Naturschutzorganisationen Agent Green und EuroNatur veröffentlicht wird, zeigt deutlich, dass die Waldvernichtung im rumänischen Cheile Nerei-Beusnita-Nationalpark umfassend außer Kontrolle geraten ist. Die Abholzung von Urwäldern wird bewusst vom staatlichen Forstunternehmen Romsilva vorangetrieben. Teile der alten Buchenwälder des Nationalparks wurden wegen ihres „außergewöhnlichen universellen Wertes“ zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt. Dennoch werden mindestens 60 Prozent des Nationalparks  wie ein Wirtschaftswald und nicht wie ein Schutzgebiet behandelt. Agent Green und EuroNatur fordern das rumänische Umweltministerium auf, den kommerziellen Holzeinschlag in Nationalparks unverzüglich einzustellen und Romsilva von der Verwaltung von Schutzgebieten auszuschließen.

OUT OF CONTROL #ep3 Cheile-Nerei National Park from AGENT GREEN on Vimeo.

Rumänien beherbergt schätzungsweise zwei Drittel der verbliebenen Primärwälder der EU. Aber Rodungen im großen Stil, auch in Nationalparks und EU-Natura 2000-Schutzgebieten, zerstören dieses europäische Naturerbe. Rumänien hat internationale Verpflichtungen wie die IUCN-Kriterien systematisch ignoriert, und viele tausend Hektar geschützten Urwaldes wurden in den letzten 10 bis 15 Jahren zerstört. Heute ähneln große Teile der Nationalparks kommerziellen Abholzungsgebieten.

Hauptverantwortlich für dieses Naturschutzdrama ist das staatliche Forstunternehmen Romsilva, das 12 von 13 Nationalparks in Rumänien verwaltet. Alle Schutzgebiete leiden unter starkem Nutzungsdruck. Es ist offensichtlich, dass die rumänische Regierung davor die Augen verschließt und enorme Mengen an kommerziellem Holzeinschlag auf mehr als 50 Prozent der Fläche der Nationalparks toleriert.

Im Video berichtet der ehemalige Nationalparkdirektor Stefan Dascalu darüber, dass von der staatlichen Forstverwaltung starker Druck ausgeübt wurde, die Abholzung in den so genannten Pufferzonen der Nationalparks zu steigern. Die streng geschützte Kernzone des Schutzgebiets wurde auf Druck von Romsilva auf 39 Prozent verkleinert, um die  Holzernte zu erhöhen. Als sie mit den Beweisen konfrontiert wurden, täuschten die Forstarbeiter von Romsilva vor, schlecht informiert zu sein und gaben der Nationalparkverwaltung dafür die Schuld: „Wir wissen nicht, was geschützt ist. Es ist nicht unsere Aufgabe, das zu erkennen“, sagten sie. Der derzeitige Nationalparkdirektor lief vor den Kameras des Filmteams davon; Anfragen zu der Menge an gefälltem Holz wurden nicht beantwortet.

„Die Abholzung in den rumänischen Nationalparks verbreitet sich wie ein Krebsgeschwür. Dieser Umweltskandal ist außer Kontrolle geraten. Die Regierung tut nichts, um unser Naturerbe zu schützen. Es ist eine nationale Schande, dass Rumänien weiterhin einige der wertvollsten Naturschätze Europas zerstört“, sagt Gabriel Paun, Präsident von Agent Green.

„Das anhaltende Naturschutzdrama in Rumänien ist derzeit die drängendste Umweltkrise in Europa, aber immer noch weitgehend unbekannt. Die EU-Kommission muss sofort aktiv werden, um die Zerstörung zu stoppen. Nach den schrecklichen Waldbränden und Borkenkäferschäden in vielen Teilen Europas in diesem Sommer ist der wirksame Schutz unserer letzten intakten Naturwälder noch wichtiger geworden“, sagt Gabriel Schwaderer, Geschäftsführer von EuroNatur.

Bereits am 26. April hatte Agent Green 76.120 Unterschriften von rumänischen Bürgern an Umweltministerin und Vizepremierministerin Gratiela Gavrilescu übergeben. In der Petition wurde ein sofortiges Abholzungsverbot in Nationalparks gefordert. Leider hat die Regierung, entgegen aller Zusicherungen, bisher keine Maßnahmen gesetzt.

Agent Green und EuroNatur fordern die rumänischen Umweltministerin auf, den kommerziellen Holzeinschlag in Nationalparks unverzüglich einzustellen, Romsilva aus der Verwaltung von Nationalparks und anderen Schutzgebieten zu entlassen, moderne und naturschutzorientierte Managementsysteme einzuführen, ausreichende öffentliche Mittel für den ordnungsgemäßen Betrieb von Schutzgebieten bereitzustellen und private Landbesitzer in Schutzgebieten für Naturschutzleistungen zu entschädigen.

Die investigative Dokureihe „Out of Control“ will auf die massive Umweltkrise aufmerksam machen, die durch die brutale Abholzung und den Verlust von Urwäldern in den Nationalparks Rumäniens entsteht. In den nächsten Wochen werden AgentGreen und EuroNatur zwei weitere Episoden veröffentlicht,  die die fortschreitende Abholzung von Urwäldern in den Nationalparks Rumäniens belegen.

Hier können die bisher veröffentlichten Episoden angesehen werden: Videos und Doku’s.

Protest action by Agent Green in Romania’s wounded Domogled national park

Rumäniens Urwälder: Kampf für das Ende des Holzeinschlags in Nationalparks

++ Protestaktion in der Wildnis des Domogled Nationalparks macht Öffentlichkeit auf Umweltdrama in den Karpaten aufmerksam ++ 

25 Aktivisten aus verschiedenen Regionen Rumäniens protestierten am Samstag, 26. Mai, gegen die anhaltende Zerstörung der Urwälder inmitten des Nationalparks Domogled – Valea Cernei. Ziel der Aktion war es, die internationale Aufmerksamkeit auf die weitgehend unbekannte Zerstörung der Urwälder in Rumäniens Nationalparks zu lenken. Die Aktivisten konfrontierten den Naturschutz-Direktor Dragos Mihai von der staatlichen rumänischen Forstverwaltung Romsilva, die zwölf rumänische Nationalparks betreut, mit dem dringenden Aufruf, die Abholzungen sofort einzustellen und die internationalen Standards in allen Nationalparks einzuhalten. Mitglieder des Rumänischen und des Europäischen Parlaments, Senator Mihai Gotiu und MdEP Thomas Waitz, waren Zeugen der Protestaktion. Der Europaabgeordnete Thomas Waitz machte sich auf Einladung der Naturschutzorganisationen EuroNatur und Agent Green ein eigenes Bild von der Lage im Domogled Nationalpark.

Allein im vergangenen Jahr wurden laut SUMAL, Rumäniens zentraler Datenbank für Wald und Holzeinschlag, mindestens 382.000 Tonnen Holz aus Nationalparks geschlagen. Der Domogled Nationalpark ist der größte Nationalpark Rumäniens und am stärksten vom Holzeinschlag betroffen. Allein hier wurden im vergangenen Jahr mindestens 123.000 Tonnen Holz geschlagen. Romsilva hatte das Fällen zahlreicher alter Bestände genehmigt. Im Frühjahr 2017 wurde mit der Abholzung der letzten unberührten Täler im Forstrevier Cernisoara innerhalb des Domogled Nationalparks begonnen.

„Das rumänische Umweltministerium ignoriert nach wie vor den Willen vieler Menschen und die Forderung anerkannter Wissenschaftler, die wertvollen Nationalparks zu erhalten. Die politischen Gespräche sind gescheitert, deshalb müssen wir hier am Ort der Zerstörung unsere Stimme erheben, um sowohl die Öffentlichkeit als auch die europäischen Institutionen zu alarmieren“, sagt Gabriel Paun, Gründer von Agent Green.

Das nach wie vor anhaltende Drama der Zerstörung des Urwaldes von Cernisoara unterstreicht das systemische Versagen der rumänischen Nationalparkverwaltung. Zwei Urwaldgebiete in Cernisoara wurden 2017 bereits abgeholzt, bei zwei weiteren sind großflächige Holzeinschlägefür diesen Sommer geplant. „Das Drama in Rumänien übersteigt bei weitem jenes im polnischen Urwald von Bialowieza. Wir fordern die EU-Kommission auf, dringend Maßnahmen zu ergreifen, um weitere Verstöße gegen das EU-Recht zu verhindern. Es kann nicht sein, dass die Pufferzonen im Nationalpark, die die uralten Wälder schützen sollen, wie normale Forste bewirtschaftet werden. Nationalparke sind nicht dazu da, die Gewinne der Forstverwaltung zu erhöhen und sie müssen entsprechend der internationalen Naturschutzstandards und des rumänischen Nationalparkgesetzes behandelt werden“, sagt Matthias Schickhofer, Campaigner und Urwaldexperte, der EuroNatur bei der Kampagne SaveParadiseForests als Berater unterstützt.

Derzeit erfüllt keiner der 13 rumänischen Urwald-Nationalparks die Empfehlungen der Weltnaturschutzorganisation IUCN und es ist nicht erkennbar, wie die Regierung in Bukarest gedenkt, die Vorgaben zu erfüllen. Im Gegenteil: Die Fläche der Kernzonen, in denen menschliche Eingriffe nicht erlaubt sind, wurde in einer Reihe von Nationalparks deutlich reduziert. „Dieser Trend ist erschreckend. Nicht nur Rumänien, sondern die gesamte EU verliert äußerst wertvolle Naturschätze. Wenn es uns in Europa nicht gelingt, dieses Drama zu beenden, werden die meisten unserer letzten Paradieswälder bald verschwunden sein – für immer“, fasst Gabriel Paun zusammen.

EuroNatur und Agent Green fordern von der rumänischen Regierung:
1. Ein sofortiges Moratorium für die Abholzung von potentiellen alten Wäldern und Urwäldern in allen Nationalparks, insbesondere auf Staatseigentum.
2. Die Einführung von IUCN-kompatiblen Nationalparkverwaltungen und Managementplänen, insbesondere die Sicherstellung von mindestens 75 Prozent Kernzonenbereichen und Pufferzonen ohne kommerzielle Holzgewinnung.
3. Die Sicherstellung einer ausreichenden Finanzierung der Nationalparks sowie unabhängiger und professioneller Nationalparkverwaltungen aus dem Staatshaushalt.
4. Die Neustrukturierung der wissenschaftlichen Gremien aller Nationalparks, die ausschließlich aus unabhängigen Experten bestehen sollten, die eine Verantwortung für die Erhaltung der Nationalparks übernehmen.

Protestaktion gegen fortdauernden Abholzungen im rumönischen Domogled Nationalpark und Natura 2000 Gebiet. Nur die Hälfte des Parks ist geschützt, im Rest dominiert Intensiv-Forstwirtschaft.

MEP Waitz begrüßt Urteil zu Bialowieza und plant Lokalaugenschein in Rumänien

„Nun haben wir es schwarz auf weiß. Die Abholzung in einem der letzten Urwälder Europas ist illegal. Polen muss das zur Kenntnis nehmen und endlich europäisches Recht einhalten.“

Waitz weist aber darauf hin, dass gleichzeitig und weitgehend unbemerkt von der europäischen Öffentlichkeit eine noch dramatischere Zerstörung von Urwaldbeständen stattfindet. In Rumänien, wo zwei Drittel der letzten Urwälder Europas liegen, wird seit Jahren und systematisch in Nationalparks und anderen Naturschutzgebieten und sogar im Gebiet des UNESCO-Weltkulturerbes abgeholzt. 

„Die rumänische Regierung lässt es zu, dass Urwälder um des Profits willen zerstört werden. So wie in Bielaowieza ist dies nicht nur eine nationale Katastrophe sondern verstößt gegen europäisches Recht. Wir werden dies nicht länger dulden“,  so Waitz, selbst Forstwirt und Abgeordneter der Grünen im Agrar- und Petitionsausschuss.

Um sich vor Ort ein Bild zu machen, wird Waitz gemeinsam mit den NGOs EuroNatur und Agent Green eine fact finding-Mission nach Rumänien unternehmen. „Ich werde mir das Ausmaß der Zerstörung im Mai selbst ansehen. Wenn die Berichte sich bewahrheiten, werde ich alles daran setzen, dass es zu einem EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen Rumänien kommt.“ (Quelle: Die Grünen – APA-OTS)

Zerstörter Naturwald mitten im Domogled – Valea Cernei Nationalpark. Der gesamte Nationalpark ist auch als UNESCO-Weltnaturerbe gewidmet. Allerdings ist weniger als die Hälfte der Wälder auch tatsächlich geschützt – in der riesigen sogenannten „Bufferzone“ wird intensiv abgeholzt…