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Erfolg für Paradieswälder: Rumänisches Oberstes Gericht stoppt Abholzung geschützter Ur- und Naturwälder

Staatliches Forstunternehmen setzte den Holzeinschlag fort, obwohl der Oberste Gerichtshof die Abholzungsgenehmigungen ausgesetzt hat
Die rumänische Umweltorganisation Agent Green hat, gemeinsam mit ihrer Partnerorganisation EuroNatur, mehrere Klagen gegen unangemessene Waldbewirtschaftungspläne in Schutzgebieten bei nationalen Gerichten eingereicht. Ziel ist es, die unrechtmäßige Zerstörung der Ur- und Naturwäldern zu stoppen.

Kürzlich haben das Rumänisches Oberstes Kassationsgericht sowie das oberste Strafgericht daraufhin mehrere Abholzungspläne für mehr als 30.000 Hektar Waldland ausgesetzt. Diese Wälder sind nun vor der Abholzung geschützt.
Agent Green, EuroNatur und Client Earth haben außerdem im vergangenen Jahr drei EU-Beschwerden gegen die rumänische Regierung eingereicht, weil die Waldbewirtschaftungspläne in Rumänien nicht mit den EU-Naturrichtlinien und der Richtlinie für die Strategische Umweltprüfung übereinstimmen. Die Europäische Kommission hat im Februar 2020 auf diese Beschwerde reagiert und ein Vertragsverletzungsverfahren gegen den rumänischen Staat eingeleitet. Dennoch wurde und wird weiterhin in vielen Natura 2000-Gebieten weiterhin abgeholzt.
Die EU-Biodiversitätsstrategie 2030, die von der Europäischen Kommission im Frühjahr 2020 vorgestellt wurde, zielt darauf ab, alle „Ur- und Naturwälder“ in der EU zu schützen. Der rumänische Waldschatz ist einer der wichtigsten Beiträge zu diesem Ziel. Doch dies ist nur möglich, wenn die anhaltende und skandalöse Zerstörung dieser Wälder in Rumänien sofort gestoppt wird.
Doch die Ignoranz der rumänischen Forstwirtschaft gegenüber der Waldschutzgesetzgebung hält an …

Es gibt aber auch Erfolge zu verzeichnen:
Kürzlich führten zwei der Klagen von Agent Green zu Urteilen des Obersten Gerichtshofs, mit denen die Verwaltung von Waldbewirtschaftungsplänen sowohl im Domogled – Valea Cernei Nationalpark und Natura 2000-Gebiet als auch im benachbarten Natura 2000-Gebiet Nordul Gorjului de Vest ausgesetzt wurde. In diesen Schutzgebieten gibt es noch einige große Gebiete von Ur- und Naturwälder, die ebenfalls Hot-Spots an Biodiversität sind. Doch um den wirksamen Schutz dieser zu erreichen war ein langer Prozess nötig:
Agent Green hatte 2019 eine Klage gegen das Umweltministerium und die Nationale Forstverwaltung RNP Romsilva eingereicht, um die Abholzung eines fast 20.000 Hektar großen Gebietes im Domogled National Park – Cerna National Park auszusetzen („anullment“). Der Oberste Kassations- und Gerichtshof gewährte im Februar dieses Jahres eine einstweilige Verfügung und setzte die entsprechenden Waldbewirtschaftungspläne aus. RNP Romsilva legte jedoch gegen das Gerichtsurteil Berufung ein. Nun lehnte der Oberste Kassations- und Gerichtshof den Revisionsantrag von RNP Romsilva zum Glück ab.
Dieses Mal ist die Entscheidung endgültig und die alten und artenreichen Wälder sind sicher. Dank der Anwältin von Agent Green, Catalina Radulescu, sind die Waldbewirtschaftungspläne des Forstministeriums von Baia de Arama, Kreis Mehedinti, bis zum Abschluss des „Annullierungsverfahrens“ ausgesetzt. Die Ur- und Naturwälder dieses Gebietes werden somit für diesen Zeitraum – und hoffentlich für immer – vor Motorsägen geschützt sein.

(Originaldokument: hier)

Wunderschöne Ur- und Naturwälder im Vâlcan-Gebirge. Die Frage ist nur, wie lange diese noch überleben werden?

 

Rumänien: Abholzgenehmigung im National Park Domogled – Valea Cernei durchs Ministerium widerrufen

Agent Green ist es gelungen 20 Parzellen an intaktem und sehr naturnahem Buchenwald im National Park Domogled – Valea Cernei/UESCO-Weltnaturerbe und im Naturpark Mehedinti zu retten. Die jeweiligen Abholzungsgenehmigung wurden gestoppt.

Die Natur im Domogled – Valea Cernei National ist von außergewöhnlichem Wert. So kostbar, dass einige der primären und alten Buchenwälder des Parks zum UNESCO-Weltnaturerbe erklärt wurden.
Leider wurde nur ein Bruchteil dieser wertvollen alten Buchenwälder in das UNESCO – Weltkulturerbe, in die streng geschützte Zone des Nationalparks aufgenommen oder als Waldreservat ausgewiesen (nach dem rumänischen „Katalog von „Urwälder “).

Anscheinend hat das staatliche Forstmanagement Romsilva (auch die Parkverwaltung) mehr als 50% der Wälder des Parks außerhalb der Schutzzone gehalten, höchstwahrscheinlich um diese abholzen zu können. So dringen die Motorsägen und Fortmaschinen immer tiefer in die natürlichen Buchenwälder ein. Jahrhunderte alte Bäume fallen. Und das, nur unweit des UNESCO-Weltnaturerbes, in dem die gleiche Walgesellschaft wegen ihres „herausragenden universellen Wertes“ unter Schutz steht.

 

Im Jahr 2018 erteilte Romsilva die Erlaubnis zur Abholzung von 20 Parzellen in einigen der wertvollsten Waldlandschaften des Parks. So etwa dem unberührten Radoteasa-Tal in der Produktionseinheit Cernisoara (2B, 25, 27C, 45B, 45C). Dieses wunderschöne Tal war bis 2017 größtenteils unberührt. Dann wurde eine neue Forststraße brutal in die westlichen Hänge gegraben und die Abholzung begann.

Fünf Parzellen im Naturpark Mehedinti (südlich angrenzend an den Nationalpark Domogled – Valea Cerni) waren ebenfalls zur Abholzung vorgesehen. Dort wurde eine Forststraße gebaut. Diese bot Zugang zum alten Buchenwald auf einem einzigartigen Kalksteinplateau. 10.000 Kubikmeter (über 6000 Buchen) sind allein in der ersten Phase für die Abholzung vorgesehen.

 

 

Agent Green informierte die Justizbehörden über die Waldparzellen, die trotz ihres hohen Naturschutzwertes zur Abholzung freigegeben wurden, und forderte die Erlaubnis zur Abholzung auszusetzen, um den ökologischen Status dieser potenziellen Urwälder (vor Ort) überprüfen zu können. Wenn ihre ökologische Unversehrtheit bestätigt ist, müssen diese Wälder in den nationalen „Katalog der Urwälder“ aufgenommen werden.

 

15 der umstrittenen Waldparzellen befinden sich im Nationalpark Domogled – Valea Cernei und fünf im Naturpark Mehedinti. Am 12. November 2019 folgten die Justizbehörden der Beschwerde von Agent Green und verpflichteten die zuständigen Forest Guard von Valcea, alle Parzellen zu überprüfen und für Studien auf ihrer Webseite zu veröffentlichen, wie dies gesetzlich vorgeschrieben ist (OM 2525/2016).

 

Agent Green: „Dies ist ein wichtiger Erfolg in Bezug auf den Naturschutz und die Umsetzung der Waldschutzgesetze in Rumänien.
Leider ist dies jedoch noch nicht die endgültige Entscheidung, da die betroffenen lokalen Forstverwaltungen Berufung einlegen könnten. “

Darüber hinaus hat Agent Green den Forest Guard von Valcea über weitere große Gebiete mit potenziellen Urwäldern in 708 Waldparzellen im Nationalpark Domogled – Valea Cernei und im Naturpark Mehedinti informiert.
In der Antwort an Agent Green sagte der Forest Guard (unterzeichnet von Herrn Zarnescu), dass sie alle 708 Parzellen disqualifiziert haben(also nicht in den Nationalen Katlaog aufnehmen wollen), weil diese nicht genügend Artenvielfalt aufweisen, da sie aus reinen Buchenwälder bestehen.

Für Agent Green ist dies ein „gewaltiger Missbrauch“ der Entscheidungsgewakt und deutet stark auf einen Mangel an Qualifikation oder Interesse des Forest Guard hin. Für diesen ist es sicherlich nicht möglich, die Artenvielfalt von einem Schreibtisch aus zu beurteilen. So alte und naturnahe Wälder verdienen einen sicheren und umfassenden Schutz, insbesondere wenn sie sich innerhalb eines Nationalparks, einer Pufferzone der UNESCO-Weltnaturerbestätte und eines Natura 2000-Gebiets befinden, argumentiert Agent Green.

Agent Green und die EuroNatur Stiftung fordern:
– Alle Holzeinschlagsgenehmigungen in Ur- und Naturwäldern in Nationalparks und Pufferzonen des UNESCO-Welterbes müssen annulliert und die Abholzungen sofort eingestellt werden.
– Alle Ur- und Naturwälder im Nationalpark und den Pufferzonen des UNESCO-Weltnaturerbes werden als abholzungs-freie Zonen ausgewiesen und erhalten werden (z. B. Kernzonen vergrößert, UNESCO-Stätten erweitert, Nationaler Katalog der Urwälder ordnungsgemäß umgesetzt). Da fast alle Wälder in den UNESCO-Pufferzonen unter der Verwaltung und dem Eigentum des rumänischen Staates stehen, sollte dies ohne eine finanzielle Entschädigung von privaten Waldbesitzer möglich sein.
– Nationalparks und UNESCO-Welterbestätten müssen als Orte gesichert und gefördert werden, an denen der Naturschutz von größter Bedeutung ist und die über eine angemessene Finanzierung verfügen. Das weltweite Best-Practice-Management muss den Schutz, die Förderung und die Wiederherstellung natürlicher Ökosysteme und nicht die Ausbeutung natürlicher Ressourcen in den Vordergrund stellen.

 

Thementag Wald bei Longo mai: „Wir brauchen den Wald und der Wald braucht uns“

Am Sonntag, 03.11. fand in Basel (Schweiz) ein Thementag Wald statt, der den Fokus auf die Situation der Wälder in den Karpaten richtete. Anlass war die Unterstützung der Kampagne „Free Svydovets“. Die Kampagne setzt sich für den Erhalt eines naturnahen Waldes in den ukrainischen Karpaten ein, denn dieser ist durch den Bau eines geplanten Skiresorts gefährdet. 

Seit die Ukraine 2015 ein Exportverbot für Rundhölzer (unbearbeitetes Holz, das nur in Abschnitte gesägt wurde) erlassen hat, vermuten viele Beobachter, dass der Holzaustausch an der rumänisch-ukrainischen Grenze massiv zugenommen hat. Es deutet viel darauf hin, dass Rundholz aus der Ukraine nach Rumänien geschmuggelt wird, um von dort aus weiterverkauft zu werden. Zudem wird in der Ukraine vermutlich Rundholz als Brennholz deklariert und exportiert, anschließend aber natürlich wieder als Rundholz (deutlich teurer als Brennholz) verkauft. Der Raubbau der Wälder in den Karpaten, sowohl in Rumänien als auch in der Ukraine, bedroht die letzten Ur- und Naturwälder Europas.

Die Kahlschläge in der Ukraine gehen jedoch nicht nur auf das Konto von illegalem Holzhandel; auch für touristische Großprojekte werden die uralten Wälder abgeholzt. So soll das Bergmassiv Svydovets, welches durch alte und artenreiche Wälder geprägt ist, fast komplett kahlgeschlagen werden und einem gigantischen Skiresort weichen. Dort sollen zu 28.000 Hotelbetten, Supermärkte und sogar ein eigener Flughafen entstehen. Geplant ist dies vom Oligarchen Igor Kolomoiski, der bereits ein Skiresort auf dem Nachbarberg besitzt.

Im Svydovets befinden sich unter anderem das 3000ha große von der UNESCO geschützte Buchenwaldgebiet „Karparten Biosphärenresevat Svydovets“ , das Teil des transnationalen Weltnaturerbes „Alte Buchenwälder und Buchenurwälder der Karpaten und anderer Regionen Europas“, zu dem auch großes Teil der rumänischen Buchenwälder sowie kleine Gebiete aus Deutschlands (z.B. Jasmund und Hainich National Park) gehören. Das Resort ist zwar so geplant, dass es einige Meter (laut den Aktivisten*innen am Sonntag etwa 600m) Abstand zu dem Welterbe-Schutzgebiet hält, doch es ist sehr wahrscheinlich, dass der Wald trotzdem unter den ökologischen Folgen des Baus und der Betreibung des Skiresorts leiden wird.
Das Bergmassiv mit seinen Almen, natürlichen Seen und alten Wäldern beherbergt 93 bedrohte (nationale rote Liste) Tier- und Pflanzenarten, darunter Braunbär, Luchs, Auerhahn und Karpatenmolch.
Free Svydovets hat eine Petition gestartet, die hier unterschrieben werden kann: https://freesvydovets.org/de

Auch das Thema der Sicherheit von Förstern und Aktivisten spielte bei der Veranstaltung eine wichtige Rolle. Waldschützer in den Karpaten sind massiv bedroht: In Rumänien wurden in den letzten Wochen zwei Förster/Ranger ermordet, die gegen illegale Abholzungen vorgegangen sind. Dies sind leider keine Einzelfälle: Die rumänische Forstgewerkschaft registrierten in den letzten fünf Jahren 650 Attacken und auf Forstarbeiter und Ranger sowie 6 Morde an solchen. Die Aktivisten*innen aus der Ukraine berichteten, dass die Bevölkerung der umliegenden Dörfer massiv eingeschüchtert wird und sich nicht gegen das Großprojekt wehrt.
Es ist dringend erforderlich, dass die Regierungen der Ukraine und Rumäniens für und eine umfassende Umsetzung der Gesetze zum Schutz der Wälder sorgen. Da in Rumänien auch EU-Naturschutzrecht missachtet wird, kommt auch der EU-Kommission eine wichtige Rolle zu.
Denn wir brauchen den Wald und nun braucht der Wald unsere Hilfe!

Die Veranstaltung wurde von der Kooperative Longo mai organisiert. Redebeiträge waren durch den Autor Ernst Zürcher („Die Bäume und das Unsichtbare“), die zwei Vertreter*innen der Free Svydovets Kampagen Iris und Oreste del Sol sowie Dr. Lukas Straumann (Bruno-Manser Fonds) und zwei Vertreter*innen der Longo maï Kooperative Treynas im französischen Zentralmassiv, die sich dort für nachhaltige Waldwirtschaft einsetzen, gehalten.

 

Vortrag zur Kampagne „Free Svydovets“ © Janinka Lutze
Eine Folie der Präsentation zeigt wo sich das Gebiet Svydovets befindet © Janinka Lutze
Voller Saal beim Thementag Wald in Basel © Janinka Lutze
Für Interessierte gab es zahlreiches Material mit Informationen zu Svydovets sowie den Wälder Rumäniens © Janinka Lutze