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Thementag Wald bei Longo mai: „Wir brauchen den Wald und der Wald braucht uns“

Am Sonntag, 03.11. fand in Basel (Schweiz) ein Thementag Wald statt, der den Fokus auf die Situation der Wälder in den Karpaten richtete. Anlass war die Unterstützung der Kampagne „Free Svydovets“. Die Kampagne setzt sich für den Erhalt eines naturnahen Waldes in den ukrainischen Karpaten ein, denn dieser ist durch den Bau eines geplanten Skiresorts gefährdet. 

Seit die Ukraine 2015 ein Exportverbot für Rundhölzer (unbearbeitetes Holz, das nur in Abschnitte gesägt wurde) erlassen hat, vermuten viele Beobachter, dass der Holzaustausch an der rumänisch-ukrainischen Grenze massiv zugenommen hat. Es deutet viel darauf hin, dass Rundholz aus der Ukraine nach Rumänien geschmuggelt wird, um von dort aus weiterverkauft zu werden. Zudem wird in der Ukraine vermutlich Rundholz als Brennholz deklariert und exportiert, anschließend aber natürlich wieder als Rundholz (deutlich teurer als Brennholz) verkauft. Der Raubbau der Wälder in den Karpaten, sowohl in Rumänien als auch in der Ukraine, bedroht die letzten Ur- und Naturwälder Europas.

Die Kahlschläge in der Ukraine gehen jedoch nicht nur auf das Konto von illegalem Holzhandel; auch für touristische Großprojekte werden die uralten Wälder abgeholzt. So soll das Bergmassiv Svydovets, welches durch alte und artenreiche Wälder geprägt ist, fast komplett kahlgeschlagen werden und einem gigantischen Skiresort weichen. Dort sollen zu 28.000 Hotelbetten, Supermärkte und sogar ein eigener Flughafen entstehen. Geplant ist dies vom Oligarchen Igor Kolomoiski, der bereits ein Skiresort auf dem Nachbarberg besitzt.

Im Svydovets befinden sich unter anderem das 3000ha große von der UNESCO geschützte Buchenwaldgebiet „Karparten Biosphärenresevat Svydovets“ , das Teil des transnationalen Weltnaturerbes „Alte Buchenwälder und Buchenurwälder der Karpaten und anderer Regionen Europas“, zu dem auch großes Teil der rumänischen Buchenwälder sowie kleine Gebiete aus Deutschlands (z.B. Jasmund und Hainich National Park) gehören. Das Resort ist zwar so geplant, dass es einige Meter (laut den Aktivisten*innen am Sonntag etwa 600m) Abstand zu dem Welterbe-Schutzgebiet hält, doch es ist sehr wahrscheinlich, dass der Wald trotzdem unter den ökologischen Folgen des Baus und der Betreibung des Skiresorts leiden wird.
Das Bergmassiv mit seinen Almen, natürlichen Seen und alten Wäldern beherbergt 93 bedrohte (nationale rote Liste) Tier- und Pflanzenarten, darunter Braunbär, Luchs, Auerhahn und Karpatenmolch.
Free Svydovets hat eine Petition gestartet, die hier unterschrieben werden kann: https://freesvydovets.org/de

Auch das Thema der Sicherheit von Förstern und Aktivisten spielte bei der Veranstaltung eine wichtige Rolle. Waldschützer in den Karpaten sind massiv bedroht: In Rumänien wurden in den letzten Wochen zwei Förster/Ranger ermordet, die gegen illegale Abholzungen vorgegangen sind. Dies sind leider keine Einzelfälle: Die rumänische Forstgewerkschaft registrierten in den letzten fünf Jahren 650 Attacken und auf Forstarbeiter und Ranger sowie 6 Morde an solchen. Die Aktivisten*innen aus der Ukraine berichteten, dass die Bevölkerung der umliegenden Dörfer massiv eingeschüchtert wird und sich nicht gegen das Großprojekt wehrt.
Es ist dringend erforderlich, dass die Regierungen der Ukraine und Rumäniens für und eine umfassende Umsetzung der Gesetze zum Schutz der Wälder sorgen. Da in Rumänien auch EU-Naturschutzrecht missachtet wird, kommt auch der EU-Kommission eine wichtige Rolle zu.
Denn wir brauchen den Wald und nun braucht der Wald unsere Hilfe!

Die Veranstaltung wurde von der Kooperative Longo mai organisiert. Redebeiträge waren durch den Autor Ernst Zürcher („Die Bäume und das Unsichtbare“), die zwei Vertreter*innen der Free Svydovets Kampagen Iris und Oreste del Sol sowie Dr. Lukas Straumann (Bruno-Manser Fonds) und zwei Vertreter*innen der Longo maï Kooperative Treynas im französischen Zentralmassiv, die sich dort für nachhaltige Waldwirtschaft einsetzen, gehalten.

 

Vortrag zur Kampagne „Free Svydovets“ © Janinka Lutze
Eine Folie der Präsentation zeigt wo sich das Gebiet Svydovets befindet © Janinka Lutze
Voller Saal beim Thementag Wald in Basel © Janinka Lutze
Für Interessierte gab es zahlreiches Material mit Informationen zu Svydovets sowie den Wälder Rumäniens © Janinka Lutze