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Waldalarm: Rumänisches Ministerium legt Hand an eigene Urwald-Schutzgesetze

Anti-Naturschutzkräfte im Ministerium nutzen die regierungslose Zeit aus, um die Waldschutz-Gesetzgebung zu unterminieren. 


Bukarest, Radolfzell, 28.06.2017. Das rumänische Ministerium für Wasser und Wälder hat angekündigt, seine eigene Gesetzgebung zum Urwaldschutz zu ändern. Es leugnet überraschenderweise die Existenz der im Jahr 2005 veröffentlichten Inventur der Urwälder in Rumänien. Dieser Schachzug fand bereits Anfang der Woche statt, wenige Tage nachdem die rumänische Regierung vom Parlament aufgelöst worden war und die bisherige Ministerin das  Amt verlassen hatte. Entscheidende Teile des rumänischen Waldschutzgesetzes basieren auf den Ergebnissen der Waldinventur, die im Rahmen der sogenannten Pin-Matra-Studie von der Niederländischen Königlichen Gesellschaft für Naturschutz in Zusammenarbeit mit dem rumänischen Waldforschungsinstitut ICAS durchgeführt worden war. Die Studie hatte 218.000 Hektar Urwälder in Rumänien identifiziert. Am Montag behauptete das Ministerium, dieses entscheidende Dokument liege der staatlichen Forstbehörde Romsilva gar nicht vor.

Geschätzte zwei Drittel aller Urwälder, die es in der Europäischen Union noch gibt, befinden sich in Rumänien. Doch die Holzindustrie und ihre Seilschaften in Politik und Verwaltung behindern nationale Programme zum Schutz von Rumäniens Paradieswäldern massiv. Die Naturschutzstiftung EuroNatur und die rumänische NGO Agent Green rufen die nächste rumänische Regierung dringend auf, den nationalen und internationalen Verpflichtungen Rumäniens im Waldschutz nachzukommen und sich nicht länger für die Interessen der Holzindustrie missbrauchen zu lassen.

„Die Urwaldinventur von 2005 wurde von zahlreichen namhaften Wissenschaftlern durchgeführt und die Ergebnisse wurden mehrfach präsentiert und veröffentlicht. Trotzdem ist ein großer Teil der darin kartierten Urwälder unter den Augen der Forstbehörden und wechselnder Regierungen inzwischen vernichtet worden. Daten der Studie sind auf einer Webseite der Regierung publiziert und die Studie war Grundlage mehrerer Ministerialerlasse. Es ist unglaublich, dass Vertreter des Ministeriums jetzt das Gegenteil behaupten und die Existenz der Studie leugnen. Das ist offensichtlich ein sehr plumper Versuch, das Waldschutzgesetz zu unterminieren“, sagt Gabriel Schwaderer, Geschäftsführer von EuroNatur.

Die irritierende Ankündigung des Ministeriums kommt drei Monate nachdem internationale Wissenschaftler, Bergsteiger und Aktivisten von Agent Green einen Holzlaster im Fagaras-Gebirge gestoppt haben, um auf die Abholzung der letzten Urwälder Europas aufmerksam zu machen. Ministerin Adriana Petcu hatte daraufhin eine genaue Untersuchung des Gebietes angeordnet. Am Montag verkündete das Ministerium, dass in dem Gebiet mehr als das Vierzigfache der erlaubten Holzmenge eingeschlagen worden war. Das zuständige Forstrevier müsste nach dem geltenden Urwaldgesetz mit einer Geldstrafe für die illegale Abholzung von 30.554 m³ Holz aus Urwäldern im Fagaras-Gebirges rechnen, teilte das Ministerium am Montag mit. Da die dem Gesetz zu Grunde liegende Urwaldinventur aber angeblich weder dem rumänischen Waldforschungsinstitut ICAS noch der staatlichen Forstbehörde Romsilva je vorgelegen hätte, kündigte das Ministerium in der selben Mitteilung an, das Urwaldgesetz und deren Anwendung nun kritisch überprüfen zu wollen.

„Auch wenn unsere Computer mehrfach gehackt wurden, ist es uns dennoch gelungen, eine Kopie der Urwaldinventur und der Daten zu sichern. Wir können dem Ministerium mit einer Kopie aushelfen. Die lobbygesteuerte Politik der Fehlinformation und die daraus resultierenden Verbrechen gegen die Natur schaden dem Ruf Rumäniens. Unsere einzigartigen Urwälder werden Tag für Tag mehr zerstört. Diejenigen, die die Abholzung vorantreiben dürfen nicht die Macht haben, das Ministerium von seinen Verpflichtungen abzuhalten“, sagt Gabriel Paun, Präsident von Agent Green.

 

The Romanian Ministry: „RNP-Romsilva’s technical staff was not involved in any way, nor was it informed or consulted when the database was drafted“ (PinMatra-study). Here is a hint that Romsilva definately seems to be „involved“, somehow…

200 weltweit führende Wissenschaftler rufen Rumänien zum Urwaldschutz auf

EuroNatur: Rumäniens Regierung muss energisch durchgreifen, um die destruktiven Kräfte im rumänischen Forstsektor zu stoppen

Bukarest/ Radolfzell, 15. März 2017.  Die Urwälder in Rumänien erhalten namhafte Unterstützung aus aller Welt. 200 Wissenschaftler und Experten der Waldökologie aus 27 Ländern und von drei Kontinenten haben ein von EuroNatur initiiertes Memorandum unterzeichnet. Gemeinsam rufen sie damit die rumänische Regierung dazu auf, sofort zu handeln und die sehr wertvollen Urwälder zu retten. Gabriel Schwaderer, Geschäftsführer der internationalen Naturschutzstiftung EuroNatur und Gabriel Paun, Präsident der rumänischen NGO Agent Green haben das Memorandum der Wissenschaftler heute der rumänischen Ministerin für Wasser und Wälder, Adriana Petcu, in Bukarest überreicht.

Die Wissenschaftler fordern von der rumänischen Regierung insbesondere, unverzüglich ein Einschlagsmoratorium für alle identifizierten und potentiellen Urwaldflächen zu beschließen. Ferner sollen die Forstverwaltung und insbesondere die Forest Guards einer strikten administrativen Kontrolle im Hinblick auf die Einhaltung der Gesetze unterzogen und bestehende Gesetzeslücken geschlossen werden.  Die Unabhängigkeit des Managements der rumänischen Nationalparke sollen durch die Regierung sicher gestellt und die Kernzonen der Nationalparke so vergrößert werden, dass internationale Standards, die so genannten IUCN Kriterien, eingehalten werden. Zudem fordern die Wissenschaftler die rumänische Regierung dazu auf, Kompensationszahlungen für private Urwaldbesitzer bei vollständigem Nutzungsverzicht zur Verfügung stellen.

Unter den Unterzeichnern des Memorandum ist die Crème de la Crème der internationalen Waldökologen vertreten: 
Dr. Ing. Iovu-Adrian Biris / Rumänien, Prof. Dr. Pierre L. Ibisch / Deutschland, Prof. Dr. Hans Dieter Knapp / Deutschland, Prof. Ing. Miroslav Svoboda / Tschechische Republik, Prof. Brendan Mackey, Ph.D. / Australien, Univ. Prof. Dipl. Ing. Dr. Kurt Zukrigl / Österreich, A.O. Univ. Prof. Dr. Georg Gratzer / Österreich, Dr. Fritz Hinterberger (SERI) / Österreich, Prof. Dr. Rainer Luick / Deutschland, Cyril F. Kormos (Vize-Präsident, WILD Foundation und Vize-Präsident für Welt-Naturerbe, IUCN-WCPA) / USA, Dr. James Watson (Wildlife Conservation Society, Präsident – Society for Conservation Biology) / USA, Dr. Ing. Nicolae Donita / Rumänien, Prof. Dr. Michael Succow (Träger des Alternativen Nobelpreises) und Prof. William S. Keeton, Ph.D. / USA.

Die Wissenschaftler unterstützen mit dem Memorandum auch ihre rumänischen Kollegen, die sich ebenfalls geschlossen gegen die drohende Zerstörung der Urwälder engagieren. In keinem anderen Land Europas gibt es noch so große Urwälder wie in Rumänien. Ungefähr zwei Drittel aller „Paradieswälder“ der Europäischen Union haben in den rumänischen Karpaten überlebt. Zusammen mit der Ukraine ist Rumänien das wichtigste Land für den Schutz der Rotbuche, die nur in Europa vorkommt und deren Schutz von globaler Bedeutung ist. Die europäischen Buchenurwälder sind zudem Gegenstand einer transnationalen Nominierung als UNESCO Welt-Naturerbe. Dennoch wurden in den vergangenen 10 bis 15 Jahren bereits große Flächen mit außerordentlichem ökologischem und wissenschaftlichem Wert durch legalen und illegalen Holzeinschlag zerstört. Und die Urwaldzerstörung geht trotz einiger gesetzlicher Verbesserungen in den letzten Jahren mit alarmierender Geschwindigkeit weiter. Eine der wichtigsten Ursachen für die voranschreitende Vernichtung der Urwälder ist die weit verbreitete Korruption und die Missachtung der gesetzlichen Vorgaben im Forstsektor.

In der Konsequenz bieten nicht einmal die Naturschutzgebiete in Rumänien ausreichenden Schutz für die Primärwälder: viele der FFH-Gebiete in Rumänien sind sogar Hotspots der Waldzerstörung. Und fast alle rumänischen Nationalparke erfüllen die IUCN-Kriterien für Schutzgebietszonierung derzeit nicht. Primärwälder in Nationalparken wie etwa im Domogled-Nationalpark sind akut durch kommerziellen Holzeinschlag bedroht, der vielfach als Naturschutzmaßnahmen verschleiert wird.

“Gemeinsam mit  200 Wissenschaftlern und Experten der Waldökologie aus der ganzen Welt rufen wir heute die neue rumänische Regierung dazu auf, sich energisch für den Stopp des Holzeinschlags im wertvollsten europäischen Naturerbe – den letzten großflächigen Urwäldern – einzusetzen. Schon viel zu lange haben Politik und Behörden in Rumänien der Zerstörung des Naturerbes nur zugeschaut. Ursächlich hierfür sind vielfach finstere Praktiken im rumänischen Forstsektor, welche die Behörden, die Staatliche Forstverwaltung sowie private Holzeinschlags- und Handelsunternehmen einschließt. Es ist nun höchste Zeit für couragiertes Handeln. Die wertvollen Wälder sind nicht nur eine rumänische Angelegenheit, sondern sie verdienen es geschützt zu werden, für uns alle und die künftigen Generationen. Primärwälder spielen zudem eine enorm wichtige Rolle für den Klimaschutz und sie sind einer der kostbarsten Naturschätze Europas”, sagt Gabriel Schwaderer, Geschäftsführer der EuroNatur Stiftung.

Link: Memorandum der Wissenschaftler

Bucharest / Romania: Handover of the Memorandum of Scientists for Protection of the Primary Forest Heritage of Romania to Adriana Petcu, Minister for Water and Forests (center) by Gabriel Schwaderer (CEO EuroNatur,, 2nd from right), Gabriel Paun (CEO Agent Green; left) and Matthias Schickhofer (forest advocat and journalist; right).
Übergabe des Memorandums der Wissenschaftler an Adriana Petcu, Ministerin für Wasser und Wald (Mitte) – durch Gabriel Schwaderer (CEO EuroNatur, 2. von rechts), Gabriel Paun (Biologe, CEO Agent Green; links) and Matthias Schickhofer (Urwaldschützer und Journalist; rechts).
Vrnl.: Professor Hans D. Knapp (EuroNatur Präsidium, Universität Greifswald), Martin Mikulas (Universität Prag) und Gabriel Paun (Biologe, Agent Green) im Bioa Mica Urwald.

Urwald-Alarm: Aktivisten, Wissenschaftler und Bergsteiger stoppen Holz-Truck

30 Waldschützer fordern ein sofortiges Abholzungsmoratorium im Urwald und verlangen von der rumänischen Regierung, die Strafen für Urwaldzerstörung anzuheben statt zu senken

Vidraru, Fagaras Gebirge, Rumänien, 10. März 2017: 30 Urwaldschützer aus sechs EU-Ländern stoppen seit dem heutigen Morgen gemeinsam mit Wissenschaftlern und Alpinisten Holz-Trucks im Vidraru-Einzugsgebiet im Fagaras-Gebirge. Das Gebiet ist eines der wertvollsten Urwaldgebiete Europas. Die Aktivisten besetzten Bäume mit Spezialzelten und entrollten große Banner mit der Aufschrift: “Save Paradise Forests”.

Agent Green, EuroNatur, Wissenschaftler und führende rumänische Alpinisten rufen Rumäniens Regierung dazu auf, umgehend ein Abholzungsmoratorium für Urwaldverdachtsflächen in Rumänien zu verhängen. Dies muss vor allem im Staatswald und in Nationalparks rasch umgesetzt werden. Gabriel Paun, Geschäftsführer der rumänischen Umweltschutzorganisation Agent Green, sagte bei der Aktion: “Wir appellieren an das Ministerium für Wasser und Wald, dieses Thema im Jahr 2017 zur obersten Priorität zu machen!”

„Als Mitinitiator des UNESCO Weltnaturerbe-Programms zum Schutz der europäischen Buchenurwälder stehe ich für diese Wälder ein – nicht nur mit meiner wissenschaftlichen Arbeit, sondern hier und heute am Schauplatz der Umweltzerstörung auch mit meinem eigenen Körper. Diese Wälder sind ein herausragendes globales Naturerbe und dürfen nicht weiter zerstört werden!” unterstrich der deutsche Wissenschaftler Professor Dr. Hannes D. Knapp, Mitglied des Präsidiums der Naturschutzstiftung EuroNatur.

Zwei Drittel der letzten europäischen Urwälder haben in Rumänien überlebt. Eine erste Urwald-Inventur aus dem Jahr 2004 identifizierte mehr als 200.000 Hektar Urwald. In den letzten 13 Jahren wurden jedoch viele Tausend Hektar dieser Paradieswälder abgeholzt – viele davon illegal. Die rumänischen Regierungen haben bisher keine ausreichenden Anstrengungen unternommen, dieses Umweltdesaster zu beenden. Es ist heute nicht klar, wie viele Urwälder es in Rumänien noch gibt, weil die Regierungen sich um die Entwicklungen nicht kümmerten. 

Das abgelegene Fagaras-Gebirge ist einer der wertvollsten Wildnis-Hotspots Europas. Laut einer Feldstudie von Greenpeace im Jahr 2016 sind im Gebiet um den Vidraru-See in den letzten Jahren mehr als ein Drittel der Urwälder im oberen Vidraru-Gebiet zerstört worden. Bis zur jüngsten Abholzungswelle waren die Wälder um den See vergleichsweise gut erhalten, weil sie eine bedeutende Rolle für die nationale Sicherheit spielen: Die großen Waldgebiete sichern das Umfeld des Vidraru-Stausee-Komplexes vor Erosion und Fluten.

“Wir sind tief besorgt. Wir können es uns nicht leisten, auch nur einen weiteren Hektar dieser Paradieswälder zu verlieren. Vielleicht wird die Regierung jetzt endlich aktiv, wenn sie versteht, dass die Abholzungen auch die nationale Sicherheit bedrohen. Wir werden hier ausharren, bis sich die Ministerin für Wald, Adriana Petcu, meldet und uns zusichert, ernsthafte Schritte zum Urwaldschutz einzuleiten,” sagt Gabriel Paun.

“Die meisten EU-Mitgliedsstaaten haben die Bedeutung der Urwälder für die Zukunft des Lebens und der Artenvielfalt viel zu spät erkannt. Jetzt sind fast alle verschwunden. Unser Forschungsteam hat Untersuchungen in zahlreichen rumänischen Urwäldern durchgeführt. Mit unserer wissenschaftlichen Arbeit wollen wir auch dazu beitragen, die Gebiete zu schützen, die in Rumänien noch intakt sind. Wir wurden Zeugen massiver Zerstörung. Die Urwaldvernichtung muss beendet werden! Wir dürfen diese Brücken des Lebens zwischen der Vergangenheit und der Zukunft nicht verlieren”, erklärte Martin Mikoláš von Fakultät für Forstwirtschaft und Waldwissenschaft der tschechischen Universität für “Life Sciences”.

“Wie viele meiner Kollegen habe ich in der Karpatenwildnis trainiert, um einer der erfolgreichsten rumänischen Alpinisten zu werden. Den Karpaten habe ich es zu verdanken, dass ich unerforschte Gipfel im Himalaya ersteigen konnte. Ich beteilige mich heute an der Protestaktion, um mitzuhelfen, unsere Paradieswälder zu retten, sagte Zsolt Torok, Rumäniens “Bergsteiger des Jahres 2016”.

Trotz der starken Anti-Korruptions-Proteste der rumänischen Zivilgesellschaft während der letzten Wochen gab es vor kurzem eine Lobby-Initiative von Waldbesitzern und Forstwirtschaft im rumänischen Parlament und im zuständigen Ministerium, die Strafsätze für die Zerstörung von Urwäldern zu bagatellisieren. Agent Green, EuroNatur und die Waldschützer bei der Aktion drängen sowohl die rumänische Regierung als auch die politischen Parteien im Parlament, dieses katastrophale Gesetz zu stoppen. Das Vorhaben würde die Waldzerstörung beschleunigen und die Reputation Rumäniens schädigen. Anstatt die illegale Waldzerstörung zu erleichtern, sollten die Strafen vielmehr drastisch erhöht werden.

Unter diesem Link finden Sie aktuelle Fotos von der Aktion. Die Bilder dürfen Sie unter Angabe des Bildautors (c) Matthias Schickhofer/ EuroNatur für die Berichterstattung über die Aktion einmalig kostenfrei verwenden. Archivierung und Weitergabe des Bildmaterials sind nicht erlaubt!

Fagaras Natura 2000 Site, Romania - March 10, 2017: Agent Green and international forest protectors (including scientists and mountaineers) stop logging trucks in Fagaras Mountains Natura 2000 site and call on Romanian Government to take action saving Europe's last large primary forests in Romania.
German scientist Professor Hans D. Knapp supports international forest protectors at an action stopping logging trucks in Fagaras Mountains Natura 2000 site.
Fagaras Natura 2000 Site, Romania - March 10, 2017: Agent Green and international forest protectors (including scientists and mountaineers) stop logging trucks in Fagaras Mountains Natura 2000 site and call on Romanian Government to take action saving Europe's last large primary forests in Romania.
Forest protectors stop logging trucks in Fagaras Mountains Natura 2000 site and call on Romanian Government to take action saving Europe’s last large primary forests in Romania.