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Naturwaldzerstörung in Rumänien: Umweltorganisationen leiten weitere rechtliche Schritte gegen rumänische Behörden ein

In einer neuen Beschwerde an die Europäische Kommission enthüllen die Umweltorganisationen EuroNatur, Agent Green und ClientEarth das katastrophale Ausmaß der illegalen Abholzungen von Ur- und Naturwäldern in rumänischen Europaschutzgebieten.

Heute haben die Organisationen eine EU-Beschwerde über schwere Missstände bei der Forstverwaltung in Rumänien übermittelt. Darin wird die Untätigkeit der rumänischen Regierung gegen die großflächigen Abholzungen von Ur- und Naturwäldern in Natura 2000 Schutzgebieten beanstandet. Diese Waldzerstörung führt zum unumkehrbaren Verlust einzigartiger und geschützter Lebensräume und Arten.

Rumänien beherbergt zwei Drittel der Ur- und Naturwälder, die es heute noch in der gemäßigten Klimazone der EU gibt. Diese kostbaren Ökosysteme sind überwiegend zwar Teil des europäischen Schutzgebietsnetzwerks Natura 2000, werden aber dennoch durch großflächige Abholzungen systematisch zerstört.

„Diese Fällungen wurden von der rumänischen Forstbehörde und den Staatsforsten Romsilva genehmigt oder sogar durchgeführt. Die Folge sind massive Verschlechterungen des Erhaltungszustands von Lebensräumen und Arten, die nach den EU-Naturschutzrichtlinien geschützt sind. Unverändert bedrohen die Abholzungen einzigartige Ökosysteme und stellen daher eine eklatante Verletzung von EU-Recht dar“, erklärt Ewelina Tylec-Bakalarz, Anwältin für Naturschutzrecht bei ClientEarth.

Diese rechtlichen Schritte folgen zwei vorangegangenen Beschwerden, welche die Europäische Kommission veranlassten, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die rumänischen Behörden einzuleiten. Gegenstand dieses Verfahrens sind die systemischen und dauerhaften Versäumnisse, Europas letzte Ur- und Naturwälder zu schützen.

„Unsere jetzige Beschwerde liefert der Europäischen Kommission neue Beweise, dass die illegalen Abholzungen eine schwere Umweltkrise darstellen, die viele Schutzgebiete in Rumänien betrifft. Wir hoffen, dass die Kommission dadurch schneller aktiv wird. Jetzt haben wir die letzte Chance, Maßnahmen zu ergreifen, bevor die Schäden an diesen herausragenden Ökosystemen irreversibel werden“, betont Gabriel Schwaderer, Geschäftsführer von EuroNatur.

Das von den Umweltschutzorganisationen zusammengetragene Beweismaterial bringt die verheerenden Auswirkungen der Abholzungen in geschützten Wäldern Rumäniens ans Licht. In den Natura 2000-Gebieten Făgăraș und Domogled zeigt der Großteil der untersuchten Lebensräume schwere Schädigungen. Im Natura 2000-Gebiet Maramureș haben die Wissenschaftler mehr als 10.000 Hektar Kahlschläge festgestellt.

„Ganze Gebirgszüge wurden ihrer Waldlebensräume und all der darin lebenden Tierarten nahezu vollständig beraubt. Wir benötigen ein schnelles Eingreifen der Europäischen Kommission, damit Rumänien endlich beginnt, die Naturschutzrichtlinien richtig umzusetzen“, appelliert Veronica Tulpan von Agent Green.

Ewelina Tylec-Bakalarz zieht Resümee: „Die Lage der rumänischen Wälder ist düster, aber das Verfahren, das zum Schutz des Białowieża-Waldes in Polen geführt wurde, gibt uns Hoffnung. Es zeigt, wie wirksam das europäische Recht die Naturwunder des Kontinents schützen kann.“

Video über die Naturzerstörung in Rumäniens Natura 2000 Gebieten

Hintergrundinformationen:

• Die PRIMOFARO-Inventur (Primary and Old Growth Forest Areas of Romania), eine von EuroNatur beauftragte Analyse der potentziellen Ur- und Naturwaldgebiete, zeigt das rapide Voranschreiten der Waldzerstörung.

• In Rumänien gibt es noch mehr als 525.000 Hektar potentielle Ur- und Naturwälder, mehr als in jedem anderen EU-Mitgliedsland außerhalb Skandinaviens.

• Mehr als 300.000 Hektar dieser wertvollen Wälder sind Teil des Natura 2000-Netzwerks in Rumänien. Viele geschützte Tierarten hängen von ihnen ab – von großen Beutegreifern über Schwarzstörche, Eulen, Spechte und Fledermäusen bis hin zu Käfern.

• Trotz der Bemühungen der rumänischen Zivilgesellschaft, die illegalen Fällungen zu stoppen, hat sich die Situation in Rumänien weiter verschlechtert. Die offizielle Forstinventur zeigt, dass zusätzlich zu den 18 Millionen m³ legal geernteten Holzes zwischen 2009 und 2013 weitere 8,8 Mio. m³/Jahr entnommen wurden, was sich zwischen 2014 und 2018 auf 20,6 Mio. m³/Jahr gesteigert hat.

Materialien:
Briefing paper on the complaint to the European Commission
Briefing paper on Natura 2000 areas: Fagaras, Maramures and Domogled

Memes für die Nutzung in Soziale Medien
Kurze Videos für die Nutzung in Sozialen Medien

Teilweise weglose Waldwildnis in den Tälern Ucea Mare und Ucisoara im Fagaras Gebirge. © Agent Green
Riesiger Kahlschlag im Ucea Mare Tal, Fagaras Gebirge Natura 2000 Gebiet. © Agent Green
Verwüstung eines natürlichen Buchenwaldes im Domogled – Valea Cernei Nationalpark und Natura 2000 Gebiet.

Bildmaterial: Das beigefügte Bildmaterial können Sie in Zusammenhang mit dieser Pressemitteilung gerne einmalig unter Angabe des Copyrights Agent Green verwenden. Auf Anfrage in Druckqualität erhältlich.

Schutz der Urwälder in Rumänien wird völlig vernachlässigt

++ Neuer Bericht zeigt: Riesige Urwaldgebiete werden nicht im „Nationalen Katalog der Urwälder“ registriert ++ Behörden blockieren oder „verlieren“ Studien über Urwaldgebiete und vereiteln so deren Schutz  ++

Das Versäumnis der rumänischen Regierung, die verbleibenden Urwälder des Landes zu schützen, wird in dem heute von Agent Green und EuroNatur veröffentlichten Bericht „Failing our Last Great Forests“ deutlich.


Der Bericht analysiert Daten im Zusammenhang mit Rumäniens „Nationalem Katalog der Urwälder“ und deckt klare Pflichtverletzungen und Misswirtschaft auf, die direkt zur Abholzung der wertvollen Urwälder Rumäniens geführt haben. Bisher wurden durch den nationalen Urwaldkatalog nur 30.062 Hektar geschützt – Zielvorgabe waren ursprünglich 400.000 Hektar. Agent Green und EuroNatur schätzen, dass seit 1999 mindestens 110.000 Hektar wertvoller Wälder verloren gegangen sind.

„Dieses Versagen des staatlichen Naturschutzes ist kein Zufall. Es zeigt den klaren Mangel an politischem Willen auf Kosten der letzten großen Wälder Europas – und das direkt vor unseren Augen. Von den wenigen geschützten Wäldern sind viele das Ergebnis unserer Protestbewegung in den Bergen von Semenic und Tarcu“, sagt Gabriel Paun von Agent Green.


Der Bericht enthüllt Einzelheiten zu 24.260,56 Hektar Urwäldern. Nichtregierungsorganisationen und wissenschaftliche Einrichtungen, die von der Regierung genau dazu eingeladen wurden, haben Studien zur Qualität der Wälder verfasst. Diese Studien wurden beim zuständigen Ministerium eingereicht, damit die Urwälder in den Nationalen Katalog eingeschrieben werden. Das schockierende Resultat: 80 Prozent dieser eingereichten Studien wurden entweder abgelehnt, blockiert, zur Überarbeitung zurückgegeben oder von den Behörden in verschiedenen Phasen des Prozesses sogar verloren. Den Urwäldern wurde somit der Schutz im Katalog verwehrt.

Übersichtstabelle:

Wissenschaftler haben zur Erstellung der Studien über lange Zeiträume mühsame Forschung betrieben und oft an abgelegenen Orten mit erheblichen Kosten gearbeitet, um die schützenswerten Wälder zur Aufnahme in den Urwaldkatalog einzureichen. Dass ihre Studien sogar von rumänischen Beamten verloren wurden, zeigt das Desinteresse der Behörden am effektiven Schutz der Urwälder ihres Landes.

Die Korrespondenz mit rumänischen Beamten hat eine erhebliche Differenz in der Anzahl der eingegangenen und anerkannten Berichte zwischen verschiedenen Regierungsstellen ergeben. Das Umweltministerium gibt an, nur Studien für 42 Waldgebiete mit einer Fläche von 9.382,70 Hektar erhalten zu haben. Der rumänische Forstdienst bestätigt allerdings die Annahme von Studien für 105 Gebiete mit einer Fläche von 24.260,54 Hektar. Für die inkonsistenten Daten gibt es bisher keine Erklärung.

„Wir haben es in Rumänien mit einem Bermuda-Dreieck-Syndrom zu tun. Die Urwälder verschwinden. Zum Beispiel wurden die alten Wälder von Coltii Balei im Landkreis Buzau ursprünglich als Teil des Katalogs akzeptiert. Dies wurde den Erstellern der entsprechenden Studien so mitgeteilt. Offiziell wurden sie aber nie in den Urwald-Katalog aufgenommen“, fügte Paun hinzu.


„Das Prüfverfahren für den ‚Nationalen Katalog der Urwälder‘ waren unprofessionell und wurden schlecht verwaltet. Die letzten großen Ur- und Naturwälder Europas verdienen ein Höchstmaß an Schutz. Schnelles Handeln ist von entscheidender Bedeutung. Doch bürokratische Hürden und schwerwiegende Misswirtschaft lassen einen systembedingten Mangel an Sorgfalt und Ernsthaftigkeit hinsichtlich des Schutzes des einzigartigen Walderbes Rumäniens erkennen“, sagte Gabriel Schwaderer, Geschäftsführer von EuroNatur.


EuroNatur und Agent Green fordern das rumänische Umweltministerium auf, alle verbleibenden Ur- und Naturwälder unverzüglich zu schützen. Die EU hat bereits ein Vertragsverletzungsverfahrens gegen die rumänischen Behörden wegen illegalen Holzeinschlags in seinen Natura 2000-Gebieten eingeleitet – diese Beschwerde wurde ebenfalls von EuroNatur und Agent Green eingereicht.

Hintergrundinformationen:
Der Bericht „Failing our Last Great Forests“ ist hier zu finden: LINK

Der PRIMOFARO-Bericht (Natur- und Urwaldgebiete Rumäniens) von EuroNatur und Agent Green zeigt, dass Rumänien immer noch mehr als 525.000 Hektar potenzielle Natur- und Urwälder beherbergt, mehr als jeder andere EU-Mitgliedstaat (außerhalb Skandinaviens).

Boia Mica ist eines der wildesten Gebirgstäler Europas. Trotzdem wurde es bisher nicht in den „Nationalen Katalog der Urwälder“ aufgenommen …

Neue Umfrage: Große Mehrheit in der EU will besseren globalen Waldschutz

Unter allen EU-Bürgern zeigen Rumänen die stärkste Verbindung zu Wäldern – und ihrem Schutz

Am 21. Mai 2019 veröffentlichte die internationale NGO Fern (Brüssel) eine neue YouGov-Umfrage, die die sehr hohe Bedeutung des Waldschutzes für die EU-Bevölkerung dokumentiert: 87 Prozent der Befragten in der EU befürworten neue Gesetze zur Bekämpfung der globalen Waldzerstörung.

Die Mehrheit der Befragten gibt an, dass weder ihre nationalen Regierungen (66 Prozent) noch die EU (61 Prozent) genug unternehmen, um die globale Waldzerstörung zu bekämpfen. 91% der Europäer und 96% der Menschen in Rumänien sind besorgt über die Wälder und darin lebende Wildtiere. 88% der Befragten in Rumänien gaben an, dass ihre Regierung nicht genug unternimmt, um die globale Waldzerstörung zu bekämpfen.

Die Rumänen zeigen eine besonders starke Verbindung zum Thema Wald:  82% der Menschen reagierten auf die Aussage „Ich sorge mich wirklich um Wälder und wild lebende Tiere“ mit „stimmer sehr zu“ – mit Abstand der höchste Wert bei dieser Frage in der gesanten EU.

86% der Befragten in Rumänien stimmen  außerdem der Aussage zu: „Abholzung ist schädlich für die Menschen und Tiere in den betroffenen Gebieten“ . Dies ist ein deutlich  höherer Wert als in allen anderen EU-Ländern, was darauf hindeutet, dass sich die meisten Rumänen der massiven Waldzerstörung in ihrem Land  bewusst sind und große Besorgnis zeigen.
In der Slowakei, wo die Waldzerstörung auch in der Öffentlichkeit stark debattiertes Problem ist, stimmten immerhin 69% der Befragten dieser Aussage zu (gefolgt von Bulgarien und Spanien).

Diese Ergebnisse zeigen, dass die Menschen sich viel mehr für Wälder interessieren, wenn es diese tatsächlich in ihrem Land noch gibt – wie in der Slowakei, Rumänien und Bulgarien, die noch immer große Flächen sehr naturnaher Wälder besitzen.

Darüber hinaus widersprachen die Zahlen stark dem gängigen Klischee, wonach sich nur „reichere“ Menschen für die Umwelt interessieren: Die Länder mit den niedrigsten Zustimmungswerten zum Waldschutz waren Deutschland , Niederlande und Dänemark.

Auch in waldreichen, aber wohlhabenden Ländern wie Schweden oder Finnland waren die Zahlen viel niedriger als in waldreichen, aber ärmeren Ländern – wie Rumänien, der Slowakei und Bulgarien.

Am 6. Mai hat der Weltbiodiversitätsrat der Vereinten Nationen (IPBES) in einem umfangreichen und historischen Bericht betont, dass das drohende Massenartensterben und der Verlust natürlicher Ökosysteme gleichrangig mit den Klimaschutz zu behandeln ist. Der Erhalt und die Wiederherstellung der biologischen Vielfalt und der natürlichen Ökosysteme habe Überlebensrelevanz für die Menschheit.

Der IPBES-Bericht und die Fern-Umfrageergebnisse machen im Hinblick auf die bevorstehenden EU-Wahlen deutlich, dass der Schutz der Wälder eine wichtige Hausaufgabe für die EU und ihre Politik ist – und unverzüglich umgesetzt werden muss.

Daher ist es sehr wichtig, an den Wahlen zum Europäischen Parlament teilzunehmen und den Umwelt- und den Naturschutz in der EU zu stärken.

 

Abholzungen im rumänischen Domogled Nationlpark: Kein EU-Land hat mehr Urwald als Rumänien, doch dieses einmalige Naturerbe schwindet…