Massive Abholzungspläne bedrohen Bârnova – Repedea Natura 2000-Gebiet in Rumänien

Rumänische Regierung ignoriert weiterhin EU Recht.

Rumänische Nichtregierungsorganisationen und lokale Aktionsgruppen schlagen Alarm, denn die Abholzungspläne in den Natura-2000-Gebieten ROSPA0092 Pârdurea Bârnova und ROSCI0135 Pădurea Bârnova – Repedea gefährden die biologische Vielfalt, die natürlichen Lebensräume sowie die Lebensqualität im Stadtgebiet und den Ökotourismus. Die Dimension der Abholzungspläne in den geschützten Eichenmischwäldern in der Nähe der Stadt Iași, das Fehlen eines ordnungsgemäßen Managementplans mit angemessenen Erhaltungsmaßnahmen für das Vogelschutzgebiet sowie fehlende Umweltverträglichkeitsprüfungen für beide Gebiete sind offensichtlich Verstöße gegen EU Recht.

Aufgrund eines von der NGO Agent Green eingeleiteten Gerichtsverfahrens sind sich das rumänische Umweltministerium und die lokalen Behörden eigentlich dieser rechtlichen Mängel seit Frühjahr 2020 bewusst. Sie haben jedoch keine geeigneten Maßnahmen ergriffen, um diesen Rechtsverstoß zu beheben. Das Ausbleiben jeglicher Reaktion des rumänischen Staates widerspricht offenbar auch dem Vorsorgeprinzip, das der Natura-2000-Gesetzgebung zugrunde liegt.
Das Gebiet wurde durch den Erlass des Ministeriums für Umwelt und nachhaltige Entwicklung Nr. 1964 vom 13. Dezember 2007 zum Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung als integraler Bestandteil des europäischen ökologischen Netzwerks für Lebensräume und Vögel, Natura 2000, in Rumänien erklärt. Es handelt sich um ein natürliches Gebiet (Laubwälder, Wälder im Übergang, Weiden, Wiesen, Ackerland, Bachzufluss des Bârlad-Tals), das in der kontinentalen biogeografischen Region der zentralen moldawischen Hochebene liegt und eine vielfältige Flora und Fauna beherbergt und bewahrt. Das Naturgebiet verfügt über zwei Arten von natürlichen Lebensräumen – Asperulo-Fagetum-Buchenwälder und dakische Eichen- und Hainbuchenwälder -, die Lebensraum für verschiedene Arten von beispielsweise Kleinsäugern, Vögeln und Insekten bieten und seltene Pflanzen- und Pilzarten schützen.
Von den insgesamt etwa 14.000 Hektar Wald im Gebiet der beiden Natura 2000-Gebiete sind nur etwa 102 Hektar alte Wälder als Reservate mit einem Eingriffsverbot geschütztl – das sind weniger als ein Prozent der gesamten Waldfläche im Natura 2000-Gebiet. Die verbleibenden 99% der Wälder befinden sich in einem intensiven Einschlagsregime.
In den letzten 10 Jahren wurden 180 Hektar Naturwald abgeholzt. Und die Behörden haben die Entnahme von über 750.000 Kubikmetern Holz in den nächsten 10 Jahren genehmigt, ohne eine angemessene Umweltverträglichkeitsprüfung im Rahmen von Natura 2000 durchzuführen.

Die Natura 2000-Schutzgebiete ROSPA0092 Pârdurea Bârnova und ROSCI0135 Pădurea Bârnova – Repedea liegen weniger als 5 Kilometer von der Stadt Iași entfernt und dienen somit als wichtiges Erholungsgebiet und sind von hoher Bedeutung für die Luftqualität. Die beiden Schutzgebiete überschneiden sich in den meisten Teilen, ROSPA0092 misst 12684,80 Hektar und ROSCI0135 12236,20 Hektar. Die Stadt Iași befindet sich wegen schwerer Luftverschmutzung bereits in einem Vertragsverletzungsverfahren bei der Europäischen Kommission.
Trotz des weiteren Vertragsverletzungsverfahren, das die Europäische Kommission im Februar 2020 wegen weit verbreiteter Zerstörung von Wälder in Natura 2000-Gebieten gegen Rumänien eröffnet hat, geht der Holzeinschlag jedoch ohne angemessene Umweltverträglichkeitsprüfungen und Erhaltungsmaßnahmen für geschützte Lebensräume und Arten weiter.

ROSPA0092 zeichnet sich laut dem EU-Standarddatenformular als wichtiger Lebensraum für den Uhu (Bubo bubo, die größte Eule Europas) aus und es gibt mindestens 115 weitere Vogelarten, darunter einige seltene, gefährdete oder vom Aussterben bedrohte Arten.

Leider verfügt ROSPA0092 über keinen Managementplan und auch Mindestschutzmaßnahmen sind nicht festgelegt, obwohl seit der Ausweisung dieses Schutzgebietes 13 Jahre vergangen sind. ROSCI0135 Bârnova Forest – Repedea hätte gemäß Artikel 4.4 der Europäischen Fauna-Flora-Habitat Richtlinie innerhalb von maximal 6 Jahren nach Einreichung des Gebiets von gemeinschaftlicher Bedeutung (SCI) bei der EU als besonderes Schutzgebiet (SAC) ausgewiesen werden sollen. Diese Ausweisung als „SAC“ ist bis heute nicht erfolgt.
Beide Gebiete werden derzeit von Romsilva über ihr Regionalbüro Iași verwaltet.
„Wir sprechen hier von einem Schutzgebiet, von dem nur ein Prozent wirklich geschützt ist. Es ist eine nationale Schande. Wir fordern das Umweltministerium auf, das streng geschützte Gebiet auf mindestens 50 Prozent der Fläche der Schutzgebiete zu vergrößern und hier einen neuen Naturpark einzurichten“ sagte Veronica Tulpan, Koordinatorin der Kampagne mit Agent Green.

Mehr als 12.000 Menschen aus der Region Iași unterzeichneten kürzlich eine Petition zum Schutz der Wälder von Iași. Die Unterzeichner*innen, Agent Green wie auch zahlreiche lokale Organisationen fordern die rumänische Regierung dazu auf:
– Das streng geschützte Gebiet in den Natura 2000-Schutzgebieten von Bârnova-Repedea von einem Prozent auf mindestens 50 Prozent zu erhöhen, indem es in die funktionale Kategorie T I (non intervention) aufgenommen wird. Der Rest der Schutzgebiete muss in die Funktionskategorie T II (eingeschränkte Forstwirtschaft) aufgenommen werden.
– Einrichtung des Schutzgebietes von nationalem Interesse „Naturpark Bârnova – Repedea“, das mit den Schutzgebieten von europäischem Interesse (Natura 2000) Bârnova – Repedea überlagert wird.
– Ein sofortiges Moratorium für alle Einschlagsgenehmigungen und die Aussetzung der Waldbewirtschaftungspläne bis zur Verabschiedung eines Nachtrags und der Fertigstellung der entsprechenden Umweltverträglichkeitsprüfung und des Managementplans für Natura 2000. Insbesondere darf in einem Schutzgebiet am Rande einer Großstadt kein progressiver Holzeinschlag erfolgen, bei dem alle ausgewachsenen Bäume gefällt werden. Die Forstreviere müssen über eine Datenbank mit allen Biotopbäume verfügen.
– Stoppt des Baus der neuen Forststraßen. Für die vier im Bau befindlichen Forststraßen gibt es weder eine Genehmigung noch eine angemessene Umweltverträglichkeitsprüfung. Die Straßen sind ausschließlich für die massive Nutzung des Waldes geplant und haben in einem Natura 2000-Gebiet nichts zu suchen. Das derzeitige Netz von Forststraßen ist ausreichend für Eingriffe bei Naturkatastrophen oder zur Rettung von Menschenleben (z.B. Touristen).

 

Amazonas? Nein, Bârnova – Repedea forest in Romania.