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Rumänien: Neue Analyse enthüllt riesigen bedrohten Natur- und Urwaldschatz

EuroNatur und Agent Green: Europa muss seine Hausaufgaben machen und die Waldzerstörung in Rumänien stoppen

Während Europa über die Waldzerstörung im Amazonasgebiet schockiert ist, verschwinden die größten Naturwälder Mitteleuropas in Rumänien aufgrund massiver und außer Kontrolle geratener Abholzungen. Die EuroNatur Stiftung legt nun eine umfassende Bestandsaufnahme der wertvollen Waldbestände Rumäniens vor: PRIMOFARO (PRIMary and Old growth Forest Areas of ROmania). Die Ergebnisse sind vielversprechend – und alarmierend zugleich: Rumänien beherbergt immer noch mehr als 525.000 Hektar an potenziellen Natur- und Urwäldern – mehr als jeder andere EU-Mitgliedsstaat (außerhalb Skandinaviens). Die Analyse zeigt aber auch, dass die Waldzerstörung schnell voranschreitet.

Zumindest auf dem Papier sind zwei Drittel – mehr als 330.000 Hektar – der potenziellen rumänischen Natur und Urwälder geschützt, denn sie sind bereits Teil des EU-Natura-2000-Netzwerks (das beinhaltet auch alle Nationalparks). Die meisten dieser Wälder sind trotzdem nicht wirksam geschützt. Nur 6 Prozent der potenziellen Ur- und Naturwälder sind bisher im rumänischen „Nationalen Katalog der Urwälder“ gelistet. Dieses Programm gewährt nur jenen Wäldern Schutz, die engste Urwald-Kriterien erfüllen. Andere natürliche Wälder bleiben schutzlos. Infolgedessen sind Abholzungen auch in Natura 2000-Gebieten und Nationalparks allgegenwärtig. PRIMOFARO zeigt außerdem, dass fast 50 Prozent der Urwälder Rumäniens, die im Jahr 2005 im Rahmen einer umfassenden Urwald-Inventur identifiziert wurden, inzwischen abgeholzt oder degradiert wurden.

„Wir haben versucht, sämtliche Wälder mit herausragender Bedeutung für die biologische Vielfalt und für den Klimaschutz zu identifizieren. Dabei haben wir auch wertvolle Naturwälder kartiert, die über die enge Definition von Urwald hinausgehen. 8 Prozent der rumänischen Wälder sind noch in einem sehr natürlichen Zustand. Sie sind gewissermaßen das europäische Äquivalent des Amazonas-Waldes. Daher verdienen sie einen umfassenden Schutz“, betont PRIMOFARO-Mitautor Matthias Schickhofer.

„Europa muss zusammenarbeiten, um das außerordentliche Naturerbe Rumäniens zu bewahren. Wir erwarten, dass Rumänien EU-Recht respektiert und die Natura 2000-Gesetzgebung uneingeschränkt umsetzt: Natura 2000-geschützte Naturwälder auf Staatsgrund müssen sofort durch Maßnahmen der Regierung geschützt werden. Für private Natur- und Urwaldgebiete sind finanzielle Entschädigungen, die auch durch die EU gefördert werden müssen, unabdingbar“, sagt Gabriel Schwaderer, Geschäftsführer der EuroNatur Stiftung.

„Während die rumänische Regierung Experten und Naturschützer mit bürokratischen Schikanen in Verbindung mit dem ‚Nationalen Katalog der Urwälder‘ beschäftigte, wurden zehntausende Hektar Naturwald in Natura 2000-Gebieten und Nationalparks zerstört. Die EU-Gesetzgebung verpflichtet uns aber, alle Wälder in gutem Erhaltungszustand zu schützen – und nicht nur einige kleine Urwald-Museen“, erklärt Gabriel Paun, Präsident von Agent Green.

Die EuroNatur Stiftung und Agent Green fordern die Europäische Union und Rumänien auf, drin-gend Maßnahmen zu ergreifen, um dieses „europäische Äquivalent des Amazonas-Waldes“ zu retten und sicherzustellen, dass die Natura 2000-Gesetzgebung in Rumänien durchgesetzt wird. Erst am 10. September 2019 haben EuroNatur, Agent Green und Client Earth eine EU-Beschwerde über systematische Verstöße des rumänischen Staates gegen EU-Rechtsvorschriften im Forstsektor eingereicht.

Hintergrundinformation
Der Link zur Studie: PRIMOFARO Studie

Die Ergebnisse des PRIMOFARO-Inventars:
– Die digitale Karte von PRIMOFARO zeigt den größten Naturwaldschatz (Ur- und Naturwälder) in der EU außerhalb Skandinaviens: ein Potential von 525.632 Hektar an unberührten oder sehr naturnahen Wäldern, die viele streng geschützte Arten beherbergen.
– 332.844 Hektar (63 Prozent) des PRIMOFARO-Inventars befinden sich in Natura-2000-Gebieten. 81.716 Hektar davon stehen zusätzlich als Nationalpark unter Schutz. Auch in diesen Schutzgebieten sind Naturwälder nicht sicher vor Abholzungen.
– Allerdings sind nur noch 116.589 Hektar (oder 55 Prozent) der Flächen, die 2005 im Rahmen der sogenannten Pin Matra-Urwald-Inventur identifiziert wurden, noch in einem intakten Zustand.

Methodik von PRIMOFARO:
Die digitale Landkarte von PRIMOFARO basiert auf detaillierten visuellen Analysen von Satellitenbildern, wobei wissenschaftlich fundierte Kriterien zur Unterscheidung zwischen natürlichen Waldbeständen und Produktionswald herangezogen wurden.

Die Analysen wurden anhand von Bildern von Beispielgebieten und im Rahmen etlicher Gebietsbesuche (über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren) überprüft. Außerdem wurden Daten aus Partnerprojekten zur Urwaldforschung und -kartierung herangezogen:
– Urwaldforschungsprojekt „REMOTE“ unter Leitung der Universität Prag
– Urwaldkartierungsprojekt unter Leitung der Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg (finanziert durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt).

Die Ergebnisse wurden während mehrerer Exkursionen und durch eine Evaluierung der digitalen PRIMOFARO-Karten anhand historischer CORONA-Satellitenbilder validiert. Bei CORONA handelt es sich um inzwischen freigegebene Spionagebilder, die von den USA in den 1960er Jahren erstellt wurden. Nur 2 Prozent der ursprünglichen Datensätze wiesen in den 1960er Jahren Anzeichen von Nutzungen auf (Straßen, Kahlhiebsflächen). Diese Polygone wurden von der digitalen PRIMOFARO-Karte ausgeschlossen.

Bisher konzentrierte sich das rumänische Waldschutzprogramm („Nationaler Katalog der Urwälder“) ausschließlich auf den Schutz von Urwäldern, die qua Ministerialverordnung mit sehr eng gefassten Kriterien definiert wurden. Diese Kriterien werden sehr restriktiv angewandt und der Einschreibungsprozess verläuft skandalös langsam. Dies führt dazu, dass zahlreiche Natur- und Urwälder vom Schutz ausgeschlossen bleiben und sogar viele Urwälder internationaler Bedeutung nach wie vor nicht geschützt und akut vom Holzeinschlag bedroht sind.

Hinzu kommt, dass die EU-Naturschutzrichtlinien die Schutzverpflichtungen nicht auf Urwälder beschränken. Die Habitat- und die Vogelschutzrichtlinie verpflichten die EU-Mitgliedsstaaten, jede erhebliche Verschlechterung von Lebensräumen in einem gutem Erhaltungszustand zu unterbinden. Rumänien ignoriert oder umgeht diese EU-Verpflichtungen weitgehend.

Urwald und Naturwald:
Das PRIMOFARO-Inventar umfasst potenzielle Urwälder (inklusive der Flächen, die im rumänischen Urwald-Katalog eingeschrieben sind), aber auch Naturwälder, die wahrscheinlich nur sehr geringfügig oder schon vor langer Zeit vom Menschen beeinflusst wurden. Sowohl Natur- als auch Urwälder beherbergen eine reiche Artenvielfalt (etwa: Eremiten-Käfer, Alpenbock-Käfer, Fledermäuse, Spechte, Eulen, Auerhähne, Bären, Luchse usw.) und binden große Mengen an Kohlenstoff.

Validierung der digitalen Naturwald-Karte von PRIMOFARO mit historischen Satellitenbildern (US Army, CORONA, 1060-er Jahre).
Fagaras Gebirge: Die größte Konzentration von (potenziellen) Natur- und Urwäldern in Rumänien.
Viele wichtige Natur- und Urwälder in Rumänien sind noch immer nicht geschützt. Wie das Urwaldtal von Boia Mica – eines der herausragendsten Naturwunder Europas.

Abholzungen im rumänischen Fagaras-Gebirge bedrohen Urwaldforschung

Das REMOTE-Projekt (REsearch on Mountain TEmperate Primary Forests) veröffentlichte einen beunruhigenden Bericht: die Urwälder im Fagaras-Gebirge in den rumänischen Karpaten verschwinden. Auch die Wissenschaft ist betroffen…

In Rumäniens höchsten Bergen, dem Fagaras-Gebirge, findet sich einer der größten Urwald-Cluster  der EU. Wissenschaftler aus der Tschechischen Republik und der Slowakei schätzen die Gesamtfläche der Primärwälder in dem Gebiet auf rund 10.000 Hektar. Darüber hinaus sind weitere ausgedehnte Flächen mit anderen wertvollen Naturwäldern bedeckt, die „sich mit Primärwaldstandorte zu größeren Komplexen von hoher Natürlichkeit verbinden“. Daher verdienen die Fagaras-Berge „besondere Aufmerksamkeit und Schutz“.

Das REMOTE-Projekt ist eines der größten Urwaldforschungs-Projekte weltweit

Um in die Vergangenheit von Wälder zu sehen, untersuchen Forscher die Anzahl und Struktur der Jahresringe. Daraus läßt sich ablesen, wie alt die Bäume sind und die Dicke der Jahrsringe zeigt an, wie stark das Wachstum war.

Das REMOTE-Forschungsprojekt umfasst eines der größten dendrochronologischen (= Baumalter-) Urwaldforschungsprogramme der Welt. Es handelt sich um eine langfristige internationale Forschungskooperation unter der Leitung des Instituts für Waldökologie an der Fakultät für Forst- und Holzwissenschaften der Tschechischen Universität für Biowissenschaften in Prag.

Das umfangreiche wissenschaftliche Forschungsprogramm startete im Jahr 2010. Im Rahmen des Projekt werden Urwälder auf Basis eines Netzwerks permanenter Stichprobenflächen (definierte Forschungsflächen) über einen großen Bereich von Primärwäldern in neun Ländern in Mittel-, Ost- und Südosteuropa über einen langen Zeitraum untersucht.

Die Hauptziele der Forschung sind die Durchführung von „räumlichen und zeitlichen Analysen, die sich auf verschiedene Aspekte von Störregimen in Primärwäldern konzentrieren“ sowie die Durchführung von dendrochronologischen Studien. Mit anderen Worten: Die Wissenschaftler messen die Auswirkungen von Störungen (wie Windbrüche, Insektenbefall usw.) auf unberührte Wälder über einen langen Zeitraum und sammeln Daten über das vergangene Baumwachstum anhand von Baumringen einzelner Bäume. Hierbei werden die Daten jeweils in den permanenten Stichprobenflächen entnommen und geben so Aussagen über die zeitliche Veränderung und somit Aufschluss über die Auswirkungen der Ereignisse oder Störungen.

Derlei Studien wurden nie zuvor in dieser Größenordnung und in einem so großen geografisches Gebiet durchgeführt. Die Datenbank von REMOTE ist eine der größten zu diesem Thema weltweit.

Urwaldforschung zur Unterstützung einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung

Das REMOTE Projekt zielt darauf ab, die natürliche Dynamik der Primärwälder zu verstehen und dann zur Entwicklung nachhaltiger Forstwirtschaftspraktiken beizutragen. Ziel ist eine Waldbewirtschaftung, die Holz produziert und gleichzeitig auch die Biodiversität und die Ökosystemleistungen erhält.

Es wurden mehrere hundert permanente Studienflächen  eingerichtet, die über einen langen Zeitraum ausgewertet werden. Bei anstrengenden Exkursionen in die (teilweise weglose) Karpatenwildnis werden regelmäßig Daten gesammelt und verglichen. Das Projekt liefert somit ein besseres wissenschaftliches Verständnis der Langzeit-Veränderungsdynamik von Urwäldern. Die Daten umfassen Messungen von Veränderungen der Waldstruktur, Lebensräumen seltener Arten sowie Messungen des individuellen Baumwachstums. Das Projekt hat eine Datenbank mit Tausenden von Einzelbäumen aufgebaut.

In den Fagaras-Bergen wurden in elf abgelegenen Tälern etwa 200 Forschungs-Plots eingerichtet. Die Wissenschaftler haben mehrere Urwaldgebiete von über 1000 Hektar identifiziert. Solche völlig abgeschiedenen Urwaldtäler gibt es nirgendwo sonst mehr in der gemäßigten Klimazone der EU. Sie sind ein wichtiger Lebensraum für viele geschützte Arten – darunter Bären, Luchse, Wölfe, Auerhähne, Eulen, Spechte und Totholz bewohnende Käfer.

Galerie: Forschungsarbeiten des REMOTE-Projektes im Fagaras-Gebirge

Das wildeste Gebirgstal Europas: Boia Mică in Süd-Fagaras

Eines der herausragendsten Urwaldtäler ist Boia Mică. Das Tal hat eine Fläche von 1.145 ha mit einer Höhendifferenz von 1.670 m auf einer Länge von 7,5 km. Das Tal ist völlig unberührt: Es gibt nicht einmal einen Weg, nur Trittpfade von Bären und anderen Tieren. „Dies ist wahrscheinlich einer der ältesten Wälder Rumäniens. Wir haben 37 Bäume über 300 Jahre, 10 Bäume über 400 Jahre und 1 Baum über 500 Jahre auf nur 14 zufällig ausgewählten Studienflächen in Boia Mică gemessen „, berichtet REMOTE-Koordinator Martin Mikoláš.

Die Forscher des REMOTE-Projekts fanden im Boia Mica-Tal eine außergewöhnlich hohe Konzentration sehr alter Bäume – mit zahlreichen Buchen, die älter als 400 Jahre sind.

Boia Mica: weglose Wildnis wie hier gibt es in Europa fast nicht mehr.

Wälder mit hohem wissenschaftlichem und naturwissenschaftlichem Wert unter unmittelbarer Einschlagsgefahr

Die Projektergebnisse unterstreichen den Wert dieses einzigartigen und riesigen Komplexes von Primärwäldern. Urwälder sind nicht nur für Wissenschaftler und Biodiversität von hohem Wert – sie tragen auch zum Klimaschutz bei, indem sie große Mengen an Kohlenstoff speichern. Sie sind wichtig für die Regulierung des Wasserkreislaufs und stabilisieren die Berghänge. Wenn sie zerstört werden, dauert es Hunderte von Jahren dauern, bis sie sich wieder regenerieren und wieder eine vergleichbare Qualität aufweisen. Dies gilt insbesondere für das Hochgebirge.

„Primärwälder und Naturwälder sind so selten, dass wir weitere Verluste verhindern müssen. Nicht nur in den Tropen, sondern auch in Europa“, erklärt Martin Mikoláš.

In der Vergangenheit waren diese wilden Wälder im Normalfall schlicht durch ihre Unzugänglichkeit geschützt. Aber das ändert sich schnell: Waldwege und Holzfäller dringen in die Täler, sogar in das Herz der Natura 2000 Gebiete. Einige der ersten Parzellen, die das REMOTE Team für das Projekt ausgewählt hatte, wurden zusammen mit dem umgebenden Wald bereits zerstört. Im Fagaras-Gebirge wurden in den letzten 10-15 Jahren mitunter riesenhafte Kahlschläge im Bergwald durchgeführt (viele davon größer als 50 ha), die die gesamte Landschaft zerstören und den vollständigen Verlust von Lebensräumen mit hohem Schutzwert mit sich bringen. Die Wissenschaftler fordern daher einen strengeren Schutz.

Abholzung in einem bislang nicht kartieren Fichtenurwald im Ucea Mare-Tal.

Unvollständige Kartierung der Primärwälder, bürokratische Hindernisse und inkonsistente Erhaltung 

Der WWF Rumänien hat zahlreiche Kartierungen von Primärwäldern durchgeführt, um sie in den „Nationalen Katalog der Urwälder“ aufzunehmen und so dauerthaft zu bewahren. Auch im Fagaras-Gebirge wurden tausende Hektar Urwald kartiert. Der WWF hat bisher in den nördlichen Tälern kartiert.

Die REMOTE-Wissenschaftler entdeckten jedoch weitere Urwälder, die sich nicht in der WWF-Kartierung wiederfinden. Diese Urwälder sind derzeit daher überwiegend nicht  ausreichenden geschützt (trotz Natura 2000 Widmung). Und ihre Abholzung droht.

Ein Hauptproblem ist, dass die rumänischen Kriterien für die Identifizierung und den Schutz von Urwäldern extrem streng sind. Bei rigider Anwendung durch die Behörden, ist es daher ein Leichtes, Nichterfüllung von Kriterien zu attestieren und die Wälder von einer  Unterschutzstellung auszuschliessen. Viele bedeutende Urwaldgebiete wurden in den letzten Jahren bereits zerstört.

Überblick über die Täler Arpaselu, Arpasul, Ucea Mare und Ucisoara: Längst nicht alle Urwälder sind kartiert. Weiße Polygone: vom WWF kartiert, rote Polygone: nicht kartierter Urwald, grüne Punkte: permanente Forschungsplots.

Primäre Fichtenbestände im Sambata-Tal mit permanenten Untersuchungsflächen: nicht kartiert, nicht geschützt.

Mit diesem offiziellen rumänischen Schutzprogramm „Urwaldkatalog“ sind jedoch weitere Probleme verbunden: In den Forstmanagementplänen der Forstbetriebe wird das Durchschnittsalter der Waldparzellen oft „unterschätzt“. Und junge Wälder können ja keine Urwälder sein. Infolgedessen akzeptieren die Behörden diese Wälder dann nicht als „Urwald“.

Die Bewirtschaftungspläne erlauben auch oft den Holzeinschlag in Teilen der Waldparzellen. Nach einem Holzeinschlag ist das Waldgebiet natürlich nicht mehr unberührt und gilt nicht mehr als Urwald. Ergo lehnen die Behörden  die Einbeziehung des Waldes als „Urwald“ somit ab, einschließlich der  noch intakten Teile der betroffenen Waldparzellen.

Auch innerhalb bereits aufgenommener Parzellen finden Abholzungen statt, wenn die Eigentümer den Schutz nicht akzeptieren. Im Belia-Tal zum Beispiel findet sich nun ein großer Kahlschlag (20 Hektar) und mehrere Kilometer neue Forststraßen mitten im Primärwald.

Und oft dauert es sehr lange, bis die eingereichten Waldflächen in den „Katalog“ aufgenommen werden, weil die Genehmigungsverfahren (Forstbehörden, Ministerium) oft jahrelang dauern und  Gutachten von Experten wiederholt abgewiesen oder (bürokratische) Ergänzungen nachgefordert werden.

Seit Inkrafttreten des „Katalogs“ – so der WWF Romania, Greenpeace Romania und Foundation Conservation Carpathia – wurden zwischen 3.000 und 5.000 Hektar der Wälder im Fagaras Gebirge aufgenommen. Aber es gibt weitere 6.000 und 7.000 Hektar Urwald. Und die sind akut bedroht, solange sie nicht in den Katalog aufgenommen wurden.

Galerie: Viele Primärwälder im Fagaras-Gebirge wurden bisher nicht kartiert und sind daher völlig ungeschützt. Wertvolle Untersuchungsflächen des REMOTE-Projekts sind daher akut gefährdet…

 

Angriff gegen Forscher-Auto bei einem Waldwanderung

Im Sommer 2018 verbrachten die Wissenschaftler mehrere Wochen in der Wildnis des Fagaras-Gebirges. Als sie von einer Urwald-Wanderung zurückkehrten, mußten sie feststellen, dass die Reifen ihres Autos (geparkt außerhalb eines Schrankens) augestochen waren. Das ist äußerst beunruhigend, zumal das Fagaras-Gebirge auch ein bedeutendes touristisches Hoffnugsgebiet ist.  Was kommt als Nächstes?
(Die Feldarbeit der REMOTE-Forscher basiert natürlich auf behördlichen Genehmigungen.)

Medien und NGO-Berichten zufolge scheint illegaler Holzeinschlag in vielen Gebieten Rumäniens statt zu finden. Tourismus ist eine wichtige wirtschaftliche Perspektive für viele abgelegene Gebiete in den Karpaten. Angriffe auf ausländische Besucher machen diese Option aber wohl zunichte.

Ein umfassender Schutz größerer Waldflächen ist entscheidend.

Die REMOTE-Wissenschaftler kommen zu dem Schluss, dass sofort Maßnahmen ergriffen werden müssen, um den Verlust dieser international wichtigen Urwälder zu stoppen.
Sie weisen darauf hin, dass es unbedingt vermieden werden muss, ein fragmentiertes System von geschützten Wäldern zu schaffen, zwischen denen intensiver Holzeinschlag die ökologischen Werte weitgehend liquidiert.

Um die ökologische Integrität dieser Waldlebensräume (und ihrer bewohnenden Arten) zu erhalten, ist ein umfassender Schutz größerer, miteinander verbundener Waldökosysteme erforderlich. Daher sollte der Schutz auch Naturwälder umfassen, die nicht der strengen gesetzlichen Definition von „Urwald“ in Rumänien entsprechen, um so ein besser vernetztes Lebensraumosaik zu schaffen.

Nur der Schutz größerer Waldlandschaften wird verhindern, dass die Wälder des Fagaras Gebirges – wie andere geschädigte Wälder überall sonst in Europa – enden: isolierte Bruchstücke von Naturwäldern, die durch große Flächen industrieller Forstwirtschaft getrennt sind – einschließlich Kahlschläge, Monokulturen und sonstige nicht-natürliche Baumbestände.

Diese Art von geschädigter Landschaft zerstört nicht nur unser Naturerbe, sondern schädigt auch die Ökosysteme, sodass sie keine Ökosystemleistungen mehr erbringen können, so die REMOTE-Wissenschaftler.

Um den vollständigen Bericht (von Martin Mikoláš und Ondrej Kameniar) zu lesen,  bitte hier klicken.

Interesse an mehr Informationen? Hier geht es zum Bericht: „Where are Europe’s last primary forests?“

Sie können dazu beitragen, den größten Komplex von Primärwäldern innerhalb der gemäßigten Zone der EU – das Fagaras Gebirge – und andere Naturwälder in Rumänien zu schützen: Bitte unterschreiben Sie unsere Petition und leiten Sie diese Geschichte an Freunde weiter!

Zerstörter Wald im Ucisoara-Tal: Helfen Sie mit, diese einzigartigen Wälder und die wichtige REMOTE-Forschungsarbeit zu retten!

Uralte Wunderwelt im Arpasul-Tal: Wildnis dieser Qualität ist in Europa fast ausgestorben. Bitte helfen Sie mit, diese Paradieswälder zu bewahren!

 

Rettet den Urwald von Boia Mica!

Einem der wertvollsten und letzten Urwälder Europas droht die Abholzung.

Das weglose Boia Mica-Tal liegt inmitten des Fagaras-Gebirges in den südlichen Karpaten und gehört nachweislich zu den letzten Hochburgen europäischer Wildnisgebiete

Kein Weg führt in das wilde Tal mit seinen riesigen Urwäldern. Internationale Urwaldforscher haben dort Buchen mit einem Alter von mehr als 500 Jahren gefunden. Obwohl der Paradieswald von Boia Mica in einem Natura 2000 Gebiet liegt, ist der Schutz dieses Naturjuwels nicht garantiert. Gemeinsam mit der rumänischen Partnerorganisation Agent Green und renommierten internationalen Waldwissenschaftlern ruft EuroNatur die rumänische Regierung in einem offenen Brief dringend auf, sofort zu handeln und Boia Mica als Naturschatz von europäischer Bedeutung vor der Zerstörung zu bewahren. 

Europa hat fast keine Urwälder mehr. Derzeit befinden sich noch rund 60 Prozent der letzten Urwälder der EU in Rumänien. In keinem anderen EU-Land haben mehr Urwälder überlebt. Doch dieser einzigartige Naturschatz schwindet: In den letzten zehn Jahren sind riesige Gebiete dieser mehr als 6.000 Jahre alten Waldgesellschaften abgeholzt worden. Viele Urwälder wurden illegal gerodet. 

Offener Brief an die Regierung Rumäniens

Prof. Hans Knapp, Urwaldforscher Martin Mikulas und Waldschützer aus verschiedenen Ländern im Boia Mica-Tal.
Kein Weg führt in das Boia Mica Tal. Die Forstrassen sind aber bereits am Taleingang angekommen…
Great Boia Mica valley in Fagaras Natura 2000 site.
Freier Gebirgsfluss im Boia Mica-Tal.
Unwegsame, steile Wildnis: oberes Boia Mica-Tal .
Unschätzbarer Wert für die Wissenschaft: 400 Jahre alte Methusalem-Buche.