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Rumäniens Domogled National Park: Abholzungen in Ur- und Naturwäldern bedrohen UNESCO Weltnaturerbe

Der Nationalpark Domogled – Valea Cernei in den Südkarpaten ist eine der bedeutendsten Naturlandschaften der EU: steile Kalkfelsen, Bergwiesen, heiße Quellen, endemische Schwarzkiefern und riesige Buchenwälder. Daher wurde das Gebiet zu einem Nationalpark (übrigens dem größten Rumäniens), einem Natura 2000-Schutzgebiet und zu einem Bestandteile des transnationalen UNESCO Weltnaturerbes zum Schutz der europäischen Buchenwälder erklärt. Mehr als 50% der Wälder im Nationalpark wurden jedoch nicht in die Kernzone des Parks aufgenommen. Die Konsequenz ist, dass diese von den rumänischen Staatsforsten Romsilva wie Wirtschaftswälder behandelt und inmitten dieses wertvollen Nationalparks sogar Ur- und Naturwälder abgeholzt werden.

Erst vor einer Woche, Ende Oktober, hatte in dem Gebiet ein großer Waldbrand wertvolle Wälder zerstört und umliegende Dörfer bedroht. Die zuständigen Behörden in Bukarest waren aber nicht fähig, den Brand im Schutzgebiet wirksam zu bekämpfen. Erst eine Regenfront führte zu einer Entspannung der Situation.

Die nächste schlechte Nachricht folgte am Sonntag (03.11.): Wanderer entdeckten frische Abholzungen in uralten Buchenwälder, die offenbar von der Nationalparkverwaltung (die von Romsilva kontrolliert wird) genehmigt worden waren. Die Abholzung von alten Buchenwäldern fanden direkt an der Grenze der UNESCO Kernzone „Iauna Craiova“ statt. Die Bilder, die uns übermittelt wurden, zeigen brutale Abholzungen in einem sehr wertvollen Buchenurwald. Weitere uralte Buchen sind bereits für die Holzfäller markiert.

Frische Abholzungen bedrohen das UNESCO Weltnaturererbe-Teilgebiet Iauna Craiova; ©Alexandru Teleaga
©Alexandru Teleaga

Das transationale Weltnaturerbe „Alte Buchenwälder und Buchenurwälder der Karpaten und anderer Regionen Europas“ erstreckt sich über 12 Länder. Jede vorsätzliche Beschädigung eines Teilgebietes in einem der Länder bedroht das gesamte Weltnaturerbegebiet. Denn die UNESCO könnte beschließen, das gesamte Gebiet, also in allen 12 Ländern, von der Liste zu streichen. Auch Standorte wie der Serrahn und der Jasmund Nationalpark in Deutschland oder der Kalkalpen Nationalpark in Österreich würden dann ihren Welterbestatus verlieren.
Erst im Juli 2019 wurde Rumänien vom UNESCO Welterbekomitee wegen der  Abholzungen in UNESCO-Pufferzonen gerügt. Aber anscheinend hat diese Entscheidung der UNESCO die Manager von Romsilva wenig beeindruckt.
EuroNatur und Agent Green hoffen, dass die neue rumänische Regierung dem internationalen Ruf des Landes mehr Gewicht beimisst als das gefallenen Vorgänger-Kabinett von Premierminister Dancila – und die internationalen Gesetze und Konventionen zum Schutz des einzigartigen rumänischen Walderbes ernst nimmt.

©Alexandru Teleaga

Waldbrände bedrohen den Domogled Nationalpark

Die Wälder auf der ganzen Welt brennen: der Amazonas in Südamerika, Wälder in Kalifornien in den USA, in Mitteleuropa diesen Sommer – und jetzt auch in den Karpaten. Am Samstag, 26. Oktober begannen die Brände in Rumäniens größtem Nationalpark: dem Domogled Nationalpark, der ebenfalls ein Natura 2000 Gebiet ist. Selbst fünf Tage nach dem ersten Brand ist kein angemessenes Management zur Bekämpfung der Brände eingerichtet, die Feuer lodern noch immer und zerstören wertvolle Wälder, auch in Pufferzonen des UNESCO Weltnaturerbes. Es scheint, als würden die Behörden diese massive Bedrohung für den Wald und die örtlichen Gemeinden ignorieren.

Alexandru Teleaga, ein Freiwilliger von Agent Green, entdeckte die Brände am Samstag bei einer Wanderung. Er ist besorgt um die Wälder und verärgert über die Ignoranz der Behörden gegenüber dem wachsenden Problem. Er berichtete: „Nachdem ich auf den Berg Arjana gestiegen war, sah ich, dass das Feuer zwischen den Bäumen brannte, nicht überwacht wurde und der Wind es in Richtung des Waldes weiterdrückte. Um 16 Uhr rief ich den Notruf und informierte diesen über die Feuer und dass das trockene Gelände und das Fehlen einer Wasserquelle die Ausbreitung des Feuers begünstigten. Ich informierte zusätzlich die Parkverwaltung und beide schickten Teams. Das Feuer breitete sich aus, doch die Löschteams bestanden nur aus Bodenpersonal und ohne Löschflugzeuge oder -hubschrauber lässt sich eine Ausweitung des Feuers kaum verhindern. Sie konnten das Feuer nur ein wenig reduzieren, mussten abends aber gehen und so brannte das Feuer nachts weiter.

Auch Mihai Gotiu, USR-Senator der Region Cluj, schrieb auf seinem Facebook Account, er habe Raed Arafat, den Zuständigen für die Notfallzentrale, mehrmals angerufen. Der Hubschrauber, der die Brände deutlich besser bekämpfen kann als es die Menschen am Boden können, wurde bisher nicht geschickt (Stand: 30. Oktober 2019). Feuer wüten auch im Naturschutzgebiet Belareca. Die Menschen, nicht nur in dem von den Bränden betroffenen Gebiet, sondern in ganz Rumänien sind schockiert und wundern sich, warum keine Luftunterstützung bereitgestellt wird. Und das, obwohl in der vergangenen Woche bereits das Naturschutzgebiet Vulcan durch Brände stark zerstört wurde.

Alexandru Teleaga berichtete weiter: „Am Sonntag wuchs das Feuer stark an, da der Wind von Süden wehte und es weiter in Richtung Berg drückte. Sie schickten nur Bodenpersonal ohne Hubschrauber und so konnte das Feuer nur in einem geringen Maße eingedämmt werden. Am Abend brannte der ganze Berg Arjana. Die brennenden Waldgebiete befinden sich in der Kernzone des Nationalparks und das Feuer breitet sich in Richtung des Dorfs Prisacina aus.“ Die meisten Menschen in den Dörfern des Gebietes leben von Subsistenzwirtschaft, brauchen also den Wald und fürchten nun um ihre vom Feuer bedrohten Felder und Tiere. Es wird über eine notwendige Evakuierung diskutiert. Trotzdem ist es empörend, dass diese Menschen im Kampf gegen das Feuer nur wenig Unterstützung erhalten und die mögliche Katastrophe, mit der sie konfrontiert sind, kaum ernst genommen wird.

Dieses Gebiet des Domogled Nationalparks besteht aus Ur- und Naturwäldern von herausragender Bedeutung. Erst vor wenigen Jahren wurden große Teile der uralten Buchenwälder in das UNESCO Weltnaturerbe aufgenommen. Diese wertvollen Wälder beheimaten viele Pflanzen-, Tier- und Pilzarten und beherbergen sogar einige seltene und endemische Arten.

Alle nötigen Maßnahmen zur Brandbekämpfung und zum Schutz der Wälder und Dörfer sollten unverzüglich umgesetzt werden. EuroNatur und Agent Green sind besorgt über die Situation im Domogled Nationalpark. Schon seit einigen Jahren arbeiten sie am Schutz der Wälder, die durch Abholzungen – viele sogar illegal – bedroht sind (hier das Ermittlungsvideo „Out of Control“ im Domogled Nationalpark, in englischer Sprache). Nun sind diese wertvollen Wälder auch noch durch Feuer bedroht und von Seiten der Behörden – so wie es auch bei den illegalen Abholzungen oft ist – wird wenig unternommen.

 

Feuer auf dem Arjana Berg © Alexandru Teleaga
© Alexandru Teleaga
© Alexandru Teleaga

 

Spektakuläre Kletteraktion zum Schutz der Urwälder in den rumänischen Karpaten

Umweltorganisationen protestieren gegen drohende Zerstörung des UNESCO-Weltnaturerbes durch Straßenbau und Abholzungen in Rumänien

Die Umweltorganisationen ROBIN WOOD, AgentGreen und EuroNatur protestieren gegen die fortschreitende Zerstörung der rumänischen Natur- und Urwälder. Für den Schutz der Wälder im Domogled Valea Cernei Nationalpark in den rumänischen Südkarpaten setzten Kletteraktivist*innen am vergangenen Wochenende ein spektakuläres Zeichen: Sie spannten ein 50 Meter langes Banner mit dem Schriftzug „SAVE ROMANIAN PRIMARY FORESTS!“ Am Samstag flatterte das Banner über einem Pass, am Sonntag über einem 200 Meter breiten Taleinschnitt. Die Aktivist*innen markierten auf diese Weise die vom Straßenbau bedrohte Teilfläche „Ciucevele Cernei“ des UNESCO-Weltnaturerbegebiet zum Schutz alter Buchenwälder und Buchenurwälder in Europa, das unter dem Schutz der gesamten Menschheit steht.

Der Protest richtet sich gegen den geplanten Ausbau der Nationalstraße 66a mitten durch den Domogled-Nationalpark, der zudem als Natura-2000 Gebiet unter dem Schutz der EU steht . Die rumänische Regierung plant den Ausbau der bisher bestehenden, nicht-asphaltierten Forststraße zu einem zweispurigen Highway. Von den 19 Kilometern des geplanten Bauabschnitts verläuft ein Kilometer durch die Kernzone des UNESCO-Schutzgebietes. Dadurch würde der Status des gesamten transnationalen europäischen Weltnaturerbegebiets zum Schutz alter Buchenwälder gefährdet. Die Aktivist*innen fordern von der rumänischen Regierung, die EU-weit bedeutenden Ur- und Naturwälder des Landes konsequent zu schützen und alle Pläne zum Ausbau der Nationalstraße 66a endgültig aufzugeben.

In Rumänien befinden sich die größten intakten Natur- und Urwaldgebiete der EU außerhalb Skandinaviens. Doch die Abholzungen in diesen arten- und strukturreichen Wäldern schreiten rasant voran: 2004 gab es noch mindestens 218.500 Hektar unberührte Wälder in Rumänien. Aktuelle Satellitenbild-Auswertungen im Auftrag der Stiftung EuroNatur zeigen, dass davon inzwischen gerade noch die Hälfte intakt ist.

Nachdem die Pläne für den Ausbau der Nationalstraße 66a bereits 2010 durch den massiven Protest von Umweltschützer*innen gestoppt worden waren, hat sich die Situation aktuell stark zugespitzt. Am 25. Juli 2019 wurde die Ausschreibung für den Straßenbau geschlossen und der rumänische Verkehrsminister Răzvan Cuc kündigte den Baubeginn innerhalb eines Monats an.

„Die Wald-Abholzungen und der Ausbau der Nationalstraße 66a gefährden die gesamte transnationale UNESCO-Welterbe-Stätte und zerstören einzigartige Naturlandschaften. Rumänien stellt sich damit gegen die ganze Menschheit. Wir fordern Premierministerin Viorica Dӑncilӑ auf, unverzüglich dafür zu sorgen, dass dieses Zerstörungswerk beendet wird“, sagt Gabriel Paun, Gründer und Geschäftsführer der rumänischen Umweltschutzorganisation AgentGreen. Die deutsche Naturschutzorganisation EuroNatur und Agent Green kämpfen mit der Kampagne „SaveParadiseForests“ für die Bewahrung der rumänischen Urwälder.

„In Zeiten des Artensterbens und des Klimawandels ist die Zerstörung der rumänischen Wälder selbstmörderisch und hat Folgen weit über die Landesgrenzen hinaus“, sagt Jana Ballenthien, Waldreferentin von ROBIN WOOD. „Wir fordern einen zuverlässigen Schutz der rumänischen Ur- und Naturwälder. Auch die EU ist in der Pflicht, europäisches Naturschutzrecht konsequent durchzusetzen!“

„Gerade erst hat Rumänien einen Rüffel vom UNESCO-Welterbe-Komitee bekommen, weil es seine Buchenurwälder nicht ausreichend schützt. Jetzt soll eine Schotterpiste zu einer Nationalstraße ausgebaut werden und zwar mitten durch ein Welterbe-Kerngebiet. Das ist nicht nur ein Affront gegenüber der UNESCO, es wird auch den Druck auf die rumänischen Wälder noch weiter erhöhen“, erklärt Gabriel Schwaderer, Geschäftsführer der Stiftung EuroNatur.

Hintergrund-Informationen:

Der Domogled Valea Cernei Nationalpark ist mit 612 Quadratkilometer der größte Nationalpark in Rumänien und beherbergt große Ur- und Naturwaldflächen. Der gesamte Nationalpark ist auch als EU-Natura2000-Gebiet ausgewiesen. Die EU-Habitat- und die Vogelschutzrichtlinien verbieten Verschlechterungen für EU-weit geschützte Lebensraumtypen und Arten.

Die transnationale UNESCO-Weltnaturerbe-Stätte „Alte Buchenwälder und Buchenurwälder der Karpaten und anderer Regionen Europas“ bewahrt 92.023 Hektar an endemischem und ursprünglichem Buchenwald in zwölf Staaten. 23.981 Hektar davon befinden sich in Rumänien. UNESCO-Weltnaturerbe-Gebiete stellen die hochwertigsten Schutzgebiete der Welt dar und stehen unter dem Schutz der gesamten Menschheit. Rumänien wurde erst im Juli 2019 bei der 43. Sitzung des Welterbe-Komitees in Baku wegen der Abholzungen von natürlichen Wäldern in den Pufferzonen der rumänischen Teilgebiete gerügt. Die Waldzerstörung bzw. der geplante Straßenbau in rumänischen UNESCO-Puffer- und Kernzonen gefährden den Status des gesamten Welterbe-Gebietes: Wenn diese Verstöße anhalten, droht die Aberkennnung des Welterbe-Status für alle Teilflächen in ganz Europa. Davon wären auch die Weltnaturerbe-Gebiete in Deutschland oder Österreich betroffen – etwa Serrahn im deutschen Müritz-Nationalpark oder der Nationalpark Kalkalpen in Oberösterreich.

Protest pentru păduri UNESCO from AGENT GREEN on Vimeo.

Spectacular banner action over UNESCO protected „Cuicevele Cernei“ reserve in Romania’s Domogled Valea Cernei National Park. The old road 66a is planned to be enlarged by removing parts of the protected ecosystems of „red rock“ – with explosives. (c) Agent Green
Protest action in Romanian Cera valley  to protect old growth and primary forests in Domogled Valea Cernei National Park from expansion of national raoad 66a – and from logging. Parts of the National Park are included in the UNESCO World Heritage Site „Ancient and Primeval Beech Forests of the Carpathians and other regions of Europe“, the road expansion would also severely damage the UNESCO site. (c) Minerva Vinze / Agent Green 
Banner protest against planned expansion of national road 66a and against progessing logging in Romania’s Domogled national park. Parts of the National Park are included in the UNESCO World Heritage Site „Ancient and Primeval Beech Forests of the Carpathians and other regions of Europe“ – the road would also damage the UNESCO site. (c) Minerva Vinze / Agent Green
 
The UNESCO Wold Heritage Site „Ancient and Primeval Beech Forests of the Carpathians and other Regions of Europe“ aim to protect these endemic ecosystems. The old reserve „Cuicevele Cernei“ in Domogled National Park is part of this transnational World Heritage site. However, Romania wants to dig a new road through these wild beech forests… (c) Matthias Schickhofer
 
Old, narrow, unpaved National Road 66a in Domogled National Park. Leave it as it is! (c) Matthias Schickhofer
First section of the new road 66a in Jiu valley, built 10 years ago: destruction of  ecosystems in the valley, major barrier for wildlife. (c) Matthias Schickhofer
New section of road 66a in Jiu valley (image taken in 2010), at the edge of Retezat National Park. Domogled National Park and the UNESCO site must not be damaged as well. (c) Matthias Schickhofer
EU (Natura 2000) protected natural „ravine forest“ in upper Cerna valley in Domogled National Park. The contruction of the new road 66a would severely damage this wild forest landscape. (c) Matthias Schickhofer