Rumänien beherbergt die größten Urwaldgebiete innerhalb der EU. Aber aufgrund von industriellem Holzeinschlag, Korruption und der Gier der Unternehmen verschwinden sie zunehmend. Diese große Naturkatastrophe ist jedoch im weiteren Europa fast unbekannt. Deshalb haben die Stiftung EuroNatur und die rumänische Umweltorganisation Agent Green am 8. November eine Expertenkonferenz im Europäischen Parlament in Brüssel organisiert. Gastgeber der Konferenz waren Thomas Waitz und Benedek Jávor, beide Mitglied des Europäischen Parlaments.
Benedek Jávor eröffnete die Konferenz mit den Worten: „Urwald hat in Europa eine besondere Bedeutung, nicht nur für die Biodiversität, sondern auch für die Ökosystemleistungen…. In Rumänien stehen sie nicht nur durch illegalen, sondern auch durch legalen Holzeinschlag unter enormem Druck. Die Entwaldung steht in engem Zusammenhang mit Korruption und Problemen mit der Regierungsführung. Eine schlechte Regierungsführung und ein hohes Maß an Korruption tragen zum legalen und illegalen Holzeinschlag bei.“
Thomas Waitz gab anschließend auch eine klare Einführung: „Ich bin Förster, ich bin nicht gegen das Holzen als solches.“ Er war im Mai 2018 auf Einladung von EuroNatur und Agent Green in Rumänien gewesen. Auf dieser Reise sprach er auch mit Unternehmen und stellte fest, dass die Waldflächen massiv abgeholzt werden. In Nationalparks sollten die Nicht-Kernschutzgebiete, so genannte Pufferzonen, nicht größer als 25% der Fläche sein. Im Domogled Nationalpark, den er ebenfalls besuchte, ist die Pufferzone größer als 50%. Nur ein Drittel der Wälder des Parks steht unter strengem Schutz. „Es gibt Regeln, wie Forstinterventionen aussehen sollten. Da ich vom Fach bin, konnte ich sehen, welche Art von Interventionen sie durchgeführt haben.“ Aber „….sie wenden nicht einmal ihre eigenen schwachen Regeln an.“
Gabriel Paun, Präsident der NGO Agent Green, wies ebenfalls darauf hin, dass die absichtliche Zerstörung von Urwald und Natura 2000-Gebieten mit Unterstützung der rumänischen Regierung erfolgt. In 14 Jahren wurden nur 10% der kartierten Urwälder (Pin-Matra-Studie 2004) in den Nationalen Katalog der Urwälder aufgenommen.
Gabriel Schwaderer, Geschäftsführer der Stiftung EuroNatur, stimmte zu, dass in Rumänien etwas schief läuft: „Wir betrachten dies (den Nationalen Katalog) als ein großartiges Instrument…. Aber wir fragen uns, ob er richtig angewandt wurde. Und um ehrlich zu sein, habe ich manchmal das Gefühl, dass er nicht wirklich dazu benutzt wurde, diese Wälder legal zu schützen. Sondern eher dazu benutzt wird, so viel wie möglich davon auszuschließen. Und ich frage mich warum erst 21.000 ha darin eingetragen sind, so viele Jahre nach der Verabschiedung dieser Ministerialverordnung“ (2012).
Paun sagte auch: „Nachdem wir den Fall Bialowieza gesehen haben, haben wir Hoffnung, dass die EU Wege finden wird einzugreifen und unsere rumänischen Wälder zu retten, die ebenfalls ein europäischer Schatz sind.“
Humberto Delgado Rosa / EU-Kommission: „Berichte sind beunruhigend, schockierend und empörend.“
Pauns Hoffnung wird unterstützt. Humberto Delgado Rosa, Direktor für Naturkapital bei der DG Umwelt der Europäischen Kommission, sagte: „Ihr könnt meine Anwesenheit als Beweis dafür sehen, dass wir uns darum kümmern.“ Die Berichte von NGOs und Medien über die Abholzung rumänischer Wälder sind „definitiv ein Grund zur Sorge der EU… Wir werden die Situation beobachten, wie wir es in Bialowieza getan haben. Und wir haben einige neue Tools, einschließlich der Satellitentechnologie, um die Situation besser zu überwachen…“
Er betonte, dass die Berichte der NGOs, die Bilder und die präsentierten Dokumentationen über den Holzeinschlag in Rumänien beunruhigend, schockierend und empörend sind. Er machte auch deutlich, dass alle alten Wälder in Europa einen Ansatz des Nicht-Eingreifens erfordern.
Bei Natura 2000-Gebieten besteht Bedarf an einer besseren Umsetzung, denn die Durchsetzung bleibt eine Herausforderung. Für das EU-Vertragsverletzungsverfahren brauchetdie Europäische Kommission einige Datenerhebungen und einige Beweise, die intern in der Kommission überzeugen.
Leider fügte Thomas Waitz hinzu, dass die rumänischen Abgeordneten zur Konferenz eingeladen wurden, aber keiner kam: „wie Sie sehen können…. ist kein einziger rumänischen Abgeordneter im Raum. So scheint es entweder ein verletzendes Thema für sie zu sein oder es ist ihnen egal….“
Rumänische EU-Präsidentschaft: Das Land im Rampenlicht
Gabriel Schwaderer schloss: „Die rumänischen Urwälder verschwinden während wir hier sprechen. Doch sie sind eine wichtige europäische Angelegenheit, daher ist die Beteiligung der EU von entscheidender Bedeutung. Auch die rumänische EU-Präsidentschaft im Jahr 2019 wird diesen Fall ins Rampenlicht stellen. Wir rufen die EU Institutionen auf, zu helfen und sich für die Rettung dieses Schatzes einzusetzen. Wir sehen klare Hinweise auf einen systematischen Verstoß gegen europäische Naturschutzrichtlinien und fordern die EU Institutionen zum Handeln auf.“ Außerdem teilte er dem Publikum mit, dass auch IUCN die Situation in Rumänien vertieft beobachtet.
Der Europaabgeordnete Benedek Jávor eröffnet die Konferenz…..

Humberto Delgado Rosa, Europaabgeordneter Thomas Waitz, Gabriel Schwaderer und Gabriel Paun bei der Konferenz über die Urwälder in Rumänien

Humberto Delgado Rosa und Europaabgeordneter Thomas Waitz

Interessiertes Publikum bei der EP-Konferenz über Urwald in Rumänien