DBU-Kartierungsprojekt

Das Projekt “Virgin and old growth forests in Romania“ hat zum Ziel, die Kartierung und Unterschutzstellung rumänischer Urwälder zu beschleunigen. Es wird finanziell von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) gefördert. Als Projektleiter fungiert Prof. Dr. Rainer Luick (Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg – HFR, Deutschland), Matthias Schickhofer koordiniert die Kartierungsteams und kümmert sich um die Kommunikation. Mehrere Teams rumänischer Wissenschaftler kartieren und dokumentieren in den  beiden Jahren 2017 und 2018 im Rahmen des Vorhabens Waldgebiete, die nach den nationalen Kriterien potentielle Urwaldschutzgebiete sind. Auf Grundlage der Studien wird es dann möglich sein, möglichst viele dieser letzten europäischen Urwälder langfristig zu sichern.

Ein Fokus in der Arbeit im Jahr 2017 waren Waldgebiete in den südlichen Fagarascher Alpen. Während in den Hochlagen der Gebirge schon seit sehr langer Zeit oft eine traditionelle Weidewirtschaft betrieben wird, wurden die steilen Täler kaum oder gar nicht erschlossen. Dort sind an beiden Hangflanken und auch entlang der Flüsse großflächige Wald- Wildnisgbiete erhalten geblieben. Besonders spektakulär sind die Wildnistäler Boia Mica und Laitei. Leider sind diese herausragenden Urwaldgebiete – wie viele andere auch – derzeit nicht wirksam geschützt. Holzeinschlag, der in Rumänien oft in Form großflächiger Kahlschläge erfolgt, könnten jederzeit stattfinden.

Weitere Schwerpunktgebiete des rumänischen Partners des DBU-Projektes sind Urwälder in Poiana Rusca, Neamt, Bacau, Covasna, im Cerna-Tal und  in den Vulcan-Bergen.  Gutachten, die im Rahmen des Projektes erstellt werden, sollen nun den Weg zu einer Unterschutzstellung ebnen.

Eine große Hilfe bei den Arbeiten ist die räumliche Orientierung mittels Drohnen, die für das Forschungsprojekt beschafft wurden. Diese High-Tech Fluggeräte können selbst in einem dichten Waldbestand in einem engen Lichtschacht aufsteigen und aus bis zu 500 m Höhe spektakuläre Aufnahmen von diesem wertvollen europäischen Naturerbe produzieren. So können sogar  Baumhöhen bestimmt  und Einblicke in den Mikrokosmos der Kronenregionen der bis zu 60 m hohen Bäume gewonnen werden – Lebensräume, die vom Boden nicht beurteilt werden können. Projektpartner und Kartierer Ion Holban (M.Sc.) ist als Drohnenpilot für die Flugaufnahmen verantwortlich. Hier eine Auswahl von Drohnenflügen über einige der letzten großen Urwälder Europas:

Valea Curpanului:
youtu.be/mdV6bbx64Mw
youtu.be/2PLGlpGXUrc  
youtu.be/hv5JicvpWDA

Valea Laitei:
youtu.be/1T93U9pIim4

Baraolt Mountains:
youtu.be/kAG0MFRs4z8
youtu.be/YLVoZzqo6CQ
youtu.be/tYOKktTxkLI
youtu.be/_Bcuu4HZato

Die bis Dezember 2016 amtierende Übergangsregierung, namentlich die für den Forstbereich zuständige Staatssekretärin Erika Stanciu, hat gesetzliche Verbesserungen für einen wirksameren Schutz der Urwälder auf den Weg gebracht. Rumäniens Urwälder sind  zwar (seit dem Forstgesetz 2008) an sich „geschützt“, aber die Abholzungen schreiten trotzdem in einem bedrückenden Tempo voran. Die Listung der Gebiete im nationalen „Urwaldkatalog“ soll einen umfassenden und dauerhaften Schutz sicherstellen. Dafür müssen die Urwaldstandorte aber erst nach einem standardisierten Verfahren erfasst und in Verbindung mit einem wissenschaftlich fundierten Gutachten an die zuständigen Behörden und das Wald-Ministerium gemeldet werden. Eine ministerielle Kommission entscheidet schließlich über das Schicksal des Urwaldgebietes. Diese Inventarisierung erfolgte bisher ausschließlich durch Experten und NGOs, die dafür auch keine öffentlichen Mittel erhielten. Ein für die Kartierungen vorgesehenes Budget seitens der Regierung wurde bisher nicht mobilisiert…

Um die Erfassung und Unterschutzstellung der verbliebenen rumänischen Urwälder (Experten-Schätzungen schwanken zwischen 100.000 und 200.000 Hektar) rasch über die Bühne zu bringen, braucht es also möglichst viele Kartierungsteams. Da gleichzeitig nach wie vor Urwälder (oft auf sehr fragwürdiger legaler Basis) abgeholzt werden, ist dies ein Wettlauf mit der Zeit.

Mit den Mitteln der DBU können nun in den kommenden beiden Jahren Urwaldreservate in einem Umfang von mehreren 1.000 Hektar (die Kooperationsbereitschaft von Waldbesitzern und Behörden voraugesetzt) untersucht und inventarisiert werden. Die Koordinierung liegt bei Prof. Dr. Rainer Luick und Matthias Schickhofer. Die wissenschaftlichen Arbeiten und die Gutachten werden von rumänischen Wald-Experten als Projektpartner durchgeführt.

Derzeit warten 30.000 Hektar an gemeldeten Urwaldpotentialflächen auf ihre Aufnahme in den nationalen „Urwaldkatalog“. Umweltschützer kritisieren, dass die Erweiterung des „Urwaldkatalogs“ ins Stocken geraten ist und dass die (seit Juni 2017 amtierende) neue Regierung keine Anstalten macht, diesen Prozess zu beschleunigen. Der Großteil dieser Flächen war in den vergangenen Jahren von Teams im Auftrag des WWF kartiert worden.